Wohin nun mit den vielen, roten Johannisbeeren? Ich hatte noch sechs Kilo und ein ganzer Strauch ist immer noch nicht abgeerntet. Wie wärs also mit Johannisbeerwein? Gedacht — getan. Allerdings hatte ich bei der spontanen Umsetzung einige Schwierigkeiten…
Denn die nötigen Utensilien lassen sich doch nicht so schnell beschaffen. Mein Rat: Wer Johannisbeerwein machen will: Rechtzeitig die Zutaten und Utensilien beschaffen!
Nötig sind zum Beispiel ein Gärballon. Ok, im Internet werden jede Menge angeboten. Da die Verschickung der Gärballons jedoch kaum praktikabel ist, bieten die Meisten nur einen Verkauf mit eigener Abholung an. Doch die Angebote waren für mich zu weit weg. Also habe ich versucht, in Berlin fündig zu werden. Haushaltsgeschäfte, die so etwas Altertümliches wie Gärballons führen, gibt es kaum noch. Alt eingesessene Berliner gaben mir den Tipp, es bei C. Adolph Eisenwaren zu versuchen. Der Laden am Savingyplatz 3 in Berlin hält nicht nur Eisenwaren vor, sondern auch alle erdenklichen Haushaltswaren. War ich glücklich, dass es solche Läden noch gibt!
Baumblüte in Werder, Ausschnitt (aus Klabund: Die Harfenjule, 1927)
“Tante Klara ist schon um ein Uhr mittags besinnungslos betrunken.
Ihr Satinkleid ist geplatzt. Sie sitzt im märkischen Sand und schluchzt.
Der Johannisbeerwein hat’s in sich. Alles jubelt und juchzt
Und schwankt wie auf der Havel die weißen Dschunken.
…
Johannisbeerwein: Ohne Vorbereitung geht es nicht
Tatsächlich habe ich dort einen 10 Liter Gärballon (28 €), Korken und Gäraufsatz kaufen können — wunderbar. Dann hiess es, dass ich die entsprechend nötigen Hefen und Reinkulturen ohne Weiteres in der Apotheke bekommen kann — denkste Puppe! Stimmte gar nicht. Ich hatte in drei Apotheken nachgefragt, doch da diese soetwas wie Antigel, Hefenährsalz oder Reinzuchthefen nicht im Computer haben, ging das Verhandeln los. “Das müssen wir bestellen, oder erstmal fragen, ob der Großhandel sowas hat”, hiess es. Dann kamen auch Ratschläge wie “das Reformhaus müsste sowas haben”. Hatten sie aber nicht. Die verwiesen mich telefonisch ins Bauhaus “die haben die Gärballons und auch die anderen Sachen”.
Beim Nachdenken kann das aber gar nicht stimmen, denn Hefen sind sehr empfindlich. Sie müssen gekühlt und immer extra bestellt werden. Sie müssen auch im Kühlschrank gelagert werden, damit sie nicht kaputtgehen. Zuletzt habe ich bei einem Hersteller von solchen Hefen angerufen und mir Adressen von Partner-Apotheken geben lassen. Die Firma Arauner betreibt dieses Geschäft, hat einen sehr netten Kundenservice — die konnten mir dann weiterhelfen.
In einer Apotheke direkt am Bayerischen Platz bekam ich dann meine nötigen Zutaten: 10 Tabletten Hefenährsalz, 10 ml Kitzinger Antigel, 1 Kultur Rasse Portwein und 1 Kultur Rasse Burgund.
Für den 10 Liter Gärballon sind 4 Kilo Johannisbeeren geeignet. Ich habe zwei Kilo rote und 2 Kilo weisse Johannisbeeren gewaschen und dann in einen Eimer gegeben mit Stängeln. Die Johannisbeeren werden z.B. mit einem Kartoffelstampfer zerdrückt. Dann muss das Antigel hinzugegeben werden, denn die Beeren fangen an zu gären und sollen nicht gelieren. Wegen des hohen Pektingehalts der Johannisbeeren würde dieses nämlich — bei der Sommerwärme ohnehin — schnellstens losgehen. Die zerdrückten Beeren, genannt Maische, werden abgedeckt 10–20 Stunden stehen gelassen.
Am nächsten Tag beginnt dann die richtige Arbeit: Die Maische oder besser der Saft, der sich schon gebildet hat, wird durch ein Haarsieb gegossen. Auf diese Weise habe ich 1,5 Liter bekommen. Den anderen Liter musste ich richtig aus den Beeren herauspressen. Da ich keine Presse hatte, habe ich ein sauberes Leinhandtuch genommen, die Maische reingefüllt und dann gedreht bis der restliche Saft rausgekommen ist — eine ziemliche Arbeit. Angeblich soll aus 4 Kilo Johannisbeeren 3 Liter Saft rauszuholen sein — ich habe nur 2,5 Liter bekommen.
Zucker: Ganz entscheidend bei Ribiselwein (Johannisbeerwein)
Den Saft habe ich in eine Plastikschüssel gegeben und schon mal mit dem Zucker versetzt. Es heisst bei der Produktion von Johannisbeerwein, sollen keine metallischen Gerätschaften benutzt werden. Also kein Metalleimer, ‑Löffel usw. nur Plastik.
Dann habe ich noch die Kulturen der Reinzuchthefe zugesetzt: In diesem Fall Portwein & Burgund. Und das Ganze gut rühren. Schließlich wird der Saft mit aufgelöstem Zucker, Hefe und den Kulturen in den Gärballon gefüllt. Zum Schluss kommen noch 5,5 Liter handwarmes Wasser hinzu. Ich war froh, nur einen 10 Liter-Gärballon gekauft zu haben. Denn den kann ich noch selbst tragen. Außerdem lässt sich dieser noch bewegen: Denn Wasser und Saft müssen durch sanft routierende Bewegung des Gärballons bewegt werden (auch im weiteren Prozess mindestens 1 Mal pro Tag). Zum Schluss wird der Korken aufgesetzt und der Gäraufsatz mit Wasser gefüllt, so kommt nur Luft aus dem Ballon, es kann aber keine Luft in den Ballon gelangen und die Gärung stören.
Ich weiss nicht, ob es am warmen Wetter liegt? Schon eine halbe Stunde später hatte sich was getan: Auf der Oberfläche zeigten sich schon erste Gärungen (1. Foto). Ob ich alles richtig gemacht habe? Arbeiten mit Hefen erfordert ja eigentlich etwas Erfahrung. Nun hoffe ich, dass aus dem Johannisbeerwein etwas wird. Ich werde weiter berichten.
Rezept: 4 Kilo rote Johannisbeeren, 2,5 Kilo Zucker, 5,5 Liter Wasser, 5 Tabletten Hefenährsalz (= 4 Gramm), 10 ml Kitzinger Antigel, jeweils 1 Kultur Kitzinger Reinzuchthefe Portwein & Burgund (also 2 unterschiedliche Kulturen).
Rote Johannisbeere (Ribes rubrum)
Stachelbeergewächse (Grossulariaceae)
Weitere Namen: Rote Träuble, Kosbeere, Wilde Rosinen, Wilde Weintrauben, Straußbeerenstrauch, Frauenbeere, Rote Ribisel; engl. red currant; franz. groseillier à grappes
Typische Merkmale: stachelfreier Strauch von 1–2 m Höhe; Blüten grün-gelb; Beeren leuchtend hellrot, samenreich, kugelrund, in Trauben hängend, säuerlich, wohlschmeckend
Verwechslung: keine
Standort: nicht zu warm, leicht feucht, in Gärten, auch verwildert in Auwäldern
Vorkommen: Mittel- und Nordeuropa, Nordasien und Nordafrika
Verwendung: Beeren für Saft
Inhaltsstoffe: Früchte: viele Vitamine, Salicylsäure, Gerbstoffe, Mineralien; Kerne: Gamma-Linolensäure
Wirkung: abführend, blutreinigend, antibakteriell, gefäßstärkend, beugt Krebs vor, nervenberuhigend
Sammeln und Anbauen: Der hübsche Heckenstrauch blüht im April und Mai. Die Erntezeit für die fast transparenten, hellrot glänzenden und wohlschmeckenden Johannisbeeren beginnt um den Johannitag, den 24. Juni. Die Blätter dürfen schon vorher gepflückt werden, während einige Wurzelfasern vorsichtig im Herbst ausgegraben werden, ohne dabei den ganzen Stock zu verletzten. Der Strauch liebt es kühl, wenn auch sonnig. Zum Pflanzen ist der Herbst ideal oder auch der Winter, sofern er nicht zu streng ist. Der Boden sollte viel Kalium enthalten und vorher gut mit Kompost oder Stallmist vermischt und aufgelockert werden.
Gut zu wissen: Die Heilkraft der Roten Johannisbeere war den Arabern bekannt, lange bevor die europäischen Ärzte auf sie aufmerksam wurden. Als Heilmittel für Herz und Durchblutung wurde die rote Beere gelobt. Der französische Kräuterkundige Méssegué hält sich in seiner »Apotheke zum lieben Gott«, wie er sein »Heilkräuter-Lexikon« nennt, nicht zurück: »Essen Sie so viel Johannisbeeren, wie Sie vertragen können.« Die Wurzel empfiehlt er außerdem, um Überschuss an Eiweiß abzubauen.
Unsere Erfahrung: Durch ihren hohen Vitamin-C-Gehalt wirken Rote wie Schwarze Johannisbeeren als natürlicher Schutz vor Sonnenbrand. An heißen Tagen aß eine Bekannte, ihres Zeichens starke Sonnenanbeterin, täglich schon morgens entweder die frischen Beeren oder trank den köstlichen Saft und wiederholte es mehrmals am Tag. Der Effekt war verblüffend: keine Spur von Sonnenbrand trotz knalliger Sonne! Und das ohne Sonnenkosmetik, höchstens mit etwas Oliven-Öl als Haut-Pflegemittel.
Gesundheit unterstützen: Die zinnoberroten Beeren erfrischen und führen ab, stärken das Immunsystem, unterstützen die Tätigkeit von Leber und Verdauungsorganen und lösen damit zusammenhängende Hautprobleme. Phytotherapeutisch wirken Beeren abführend, der Saft beugt Erkältungen vor und stärkt das Zahnfleisch und ein Hand- und Fußbad mit 1 Handvoll Beeren mit Blättern und einem Wurzelstück pro l Wasser dient der Blutreinigung.
Beschwerden heilen: Der Versuch lohnt bei Rheuma, Gicht, Gelbsucht, Entzündungen der Harnwege, Erbrechen, Infektionskrankheiten wie Röteln, Masern und Scharlach sind Indikationen. Phytotherapeutisch wirken Beeren bei Erbrechen und eine Beeren-Kur ist hilfreich bei chronischer Verstopfung. Zerdrückte Beeren können auch auf Wunden und verbrannte Haut gelegt Beschwerden lindern und die Heilung fördern. Frischer Beeren-Saft wirkt fiebersenkend, beruhigt verdorbenen Magen und kann zum Gurgeln bei Entzündungen im Mundraum verwendet werden.
Quelle: zitiert nach Annekatrin Puhle, Jürgen Trott-Tschepe, Birgit Möller: Heilpflanzen für die Gesundheit. 333 Pflanzen – neues und überliefertes Heilwissen. Pflanzenheilkunde, Homöopathie und Aromakunde. Kosmos, Stuttgart, 2013 (bei Amazon kaufen)
Autorin
• Marion Kaden, Berlin, 19. Juli 2013.
Bildnachweis
• Marion Kaden (mk), Berlin.
weitere Infos
• Weitere sehr nützliche Zusatzinfos zur Weinherstellung (Auszug Kitzinger Weinbuch) (bei Amazon kaufen)
mehr zu Johannisbeeren
• Johannisbeeren, schwarze: Super fürs Chutney (Rezept)
• Johannisblätter, schwarze: Aromatische Durchspültherapie
• Wikipedia: Rote Johannisbeere
• Wikipedia: Johannisbeerwein / Ribiselwein
Hallo,
nach längerer Pause bin ich wieder in die Hausweinbereitung eingestiegen und zufällig auf diese Seite gestoßen. Schade, dass diese zuletzt nicht öfters genutzt wurde, aber vielleicht ändert sich dies ja auch wieder.
@Franz: schwieriger verhält sich die Problematik mit der Blausäure bei Schlehen. Da Johannisbeeren als Saftgärung zubereitet werden und nicht als Maische — die Früchte befinden sich selbst also nicht im Gebehälter — sollten da meines Erachtens keine Bedenken bestehen.
Wie oben schon mehrfach beschrieben, gibt die Kitzinger Weinfibel dazu ausreichend Auskunft.
Zum Rezept habe ich eine Frage: wird keine Schwefelung durchgeführt oder wurde diese aufgrund gesundheitlicher Bedenken weggelassen? Normal fügt man dem Ansatz noch 1g Kaliumpyrosulfit hinzu, um z.B. den Mäuselton zu verhindern.
Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern, dennoch dachte ich, diesen Schritt ebenfalls nicht durchgeführt zu haben.
Allen beim ausprobieren und vor allem bei der Verkostung viel Spaß!
Da habe ich doch gehört, dass Johannesbeerwein viel ‑Blausäure ‑hat.Ist das wahr oder nicht?Ich möchte doch den Wein ohne Bedenken geniessen.Villeicht Können Sie daruf mir eine E‑Mail senden.Das wäre schön und ich bedanke mich schon im Voraus
Hallo Herr Dollhofer,
das Ende des Blubberns zeigt an, dass der Gärungsprozess beendet ist. Irgendwann ist der Zucker, den die Bakterien fressen, aufgebraucht und die Gärung hat ein natürliches Ende. Nun heisst es die Maische abseihen und in ein neues sauberes Glas füllen. Meine Erfahrung, Lagern und erstmal in Ruhe lassen. Vorher sollte jedoch ein Gläschen probiert werden, um zu schmecken, ob sich das Lagern lohnt. Manchmal kann bei der Gärung natürlich auch etwas falsch laufen — aber das ist alles Erfahrungssache. Lassen Sie sich nicht beirren! Und: Gutes Gelingen.
Ich habe rote Johannisbeeren am 20.6. angesetzt. Nach er eifrig blubberte, hat das jetzt aufgehört. Was habe ich falsch gemacht und was kann ich noch tun?
HALLO!
ich habe Kirschen und Johannisbeeren Wein gemacht. Super!
Hallo,
es ist das zweite Jahr in dem ich mich im Fruchtwein machen versuche. 2015 habe ich aus
Joostabeeren Wein gemacht, war gut.
2016 sind nun Rote Johannisbeeren dran. Behälter 15 L Glasballon. Ansatz Maischegährung.
Anleitung und Equipment alles nach dem Kitzinger Weinbuch (Kleine Weinfibel) von Arauner.
Hat ganz aussergewöhnlich gut funktioniert.
Allen Kellergeistern viel Erfolg
Wie lange muss Maisch gehren?
Wann muss das 1 Mal abgelassen werden (vom Dreck nehmen?
Wann das 2. Mal?
Nach wieviel Wochen Monate ist er trinkfertig?????????????
Bitte um Antwort!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Hallo, hatte ich dein Rezept eher gelesen, hatte ich essongemacht.
ich habe alles, brombeermaische, Hefe, alles, was dazu gehört rein gemacht, der Ballon ist fast voll, ob ich es noch einmal in einen Eimer packe ?
es ist besser, nur den Saft in dein Ballon.
Du hast es so klasse beschrieben, vielen dank, liebe grüße Christine 🙂