Die Weinraute (Ruta graveolans) wird bis Ende August zur Blütezeit gesammelt. Die Weinraute hat einen sehr eigenen Geruch, der Geschmack unangenehm bitter. Es heisst, dass die Weinraute dem Wein zugesetzt wurde, um ihn besser verträglich zu machen — daher der Name. Die Weinraute hat heute keine medizinische Bedeutung mehr.
In der Volksmedizin wurde die Weinraute als Spasmolytikum eingesetzt, also als Mittel gegen verschiedene krampfartige Beschwerden, so gegen Menstuations- oder krampfartigen Gallenbeschwerden oder bei Krämpfen allgemein. Auch bei Durchfällen oder Magen-Darm-Beschwerden kam die Heilpflanze zum Einsatz. Die Wirkungen der Weinraute wurden negativ monographiert, d.h. Wissenschaftler befanden, dass die beschriebenen Wirkungen in der Literatur nicht ausreichend die Wirkungen belegten. Ein weiterer Grund könnte in der möglichen zu hohen Dosierung liegen. Denn dann kann es zu unter anderem zu Schwindel, Ohnmacht, Schwellungen der Zunge kommen. Durch die frischen Blätter können auch Hautausschläge auftreten oder auch Nieren- oder Leberschäden.
Wie so oft, wenn die Dosierungen nicht eindeutig beschrieben sind oder die Nebenwirkungen erheblich sein können, wurde eine Heilpflanze als ’nicht empfehlenswert’ bezeichnet. Hier noch einige erfahrungsheilkundliche Einsätze der Heilpflanze: Weinraute wurde verwendet, um die Sehschärfe zu stärken. Außerdem galt sie als wirksames Mittel, um die Lust bei Männern zu hemmen, sie soll sogar die Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen, den Samenfluss hemmen oder wolllüstige Träume unterdrücken. Bei letzterem kam Rautenwein auch in Klöstern zum Einsatz.
In Frankreich heisst die Weinraute ‘herbe dela belle fille’ — Kraut des schönen Mädchens. Weinraute wurde als Zeichen der Jungfräulichkeit in den Brautkranz geflochten, andererseits wurde die Weinraute wohl auch als Mittel verwendet, um eine ungewollte Schwangerschaft einzuleiten. In dem Buch ‘Heilpflanzen heute’ heisst es:
“In Paris wurden die Weinrautenbeete durch Gitter geschützt, weil ungewollt schwangere Frauen, es plünderten. Besonders in Frankreich scheint man die Raute viel als Abortivum eingesetzt zu haben”.
Über die Ergebnisse dieser Versuche ist in der Literatur natürlich nichts bekannt. Allerdings wurde die Weinraute auch schon bei Dioskurides beschrieben, mit gleichzeitigem Hinweis auf die häufiger auftretenden Todesfälle der jungen Frauen, die dieses anwandten.
Quelle: Bäumler S: Heilpflanzen Praxis heute. Portraits, Rezepturen, Anwendung. Urban & Fischer (1. Aufl.), München, 2007.
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