Eine Schlehen-(Prunus Spinosa)-Ernte ist bis spät in den Dezember/Januar möglich. Im Gegensatz zu den anderen Beeren (Vogelbeeren, Holunder, Sanddorn), die durch den ersten Frost ihre Tauglichkeit zur Verarbeitung zu Marmelade oder Saft verlieren, brauchen Schlehen Minusgrade. Dann werden sie erst richtig schmackhaft. Deshalb stecken Schlehenfreunde die Steinfrüchte im November für eine Nacht ins Tiefkühlfach, um sie danach zu verarbeiten. Schlehen haben einen äußerst herben, sauren Geschmack. In der Nomenklatur der traditionellen Medizin wird ihnen ein adstringierender (zusammenziehender) Charakter zugeordnet. In der Volksheilkunde haben Schlehen eine hohe Bedeutung, weshalb Blüten, Blätter und Früchte Verwendung fanden. In der Schulmedizin sind die Steinfrüchte bedeutungslos. Allerdings könnten die geschmackvollen Früchte über die Wildkräuterküche eine Renaissance erleben. Für die Herstellung eines echten Schlehenlikörs lohnt es sich allemal, sich die Hände zerkratzen zu lassen.
2009, aber auch andere Jahre seither, waren fantastisches Beerenjahre. Es gab reichlich Holunder‑, Vogel‑, Weissdornbeeren. Doch die Schlehenernte ist besonders erfreulich: Die Steinfrüchte hängen in dicken Trauben an den Zweigen, die sich unter der Last biegen. Mit einem Eimer und Handschuhen (wegen der Dornen) bewaffnet lassen sich in diesem Jahr schnell mehrere Kilos sammeln. Schlehenfrüchte enthalten Fruchtzucker, Fruchtsäuren, Gerbstoffe und viel Vitamin C. Wegen ihres herben, Eigengeschmacks werden sie meist in Kombination mit milderen Früchten wie Äpfeln oder Birnen zum Beispiel zu Marmelade oder Saft verarbeitet. Ein Likör aus Schlehen ist etwas Feines. Im Alkohol entfaltet sich ein würzig mildes Bouquet mit dem typischen Schlehengeschmack. Als Magenöffner (zur Appetitanregung) oder zu echtem Vanilleneis zum Nachtisch bespielsweise ein Genuss.
Zutaten: 500 Gramm Schlehenfrüchte (nach dem ersten Frost geerntet oder gefrostet im Kühlfach), 300 Gramm braunen Kandiszucker, 38-prozentigen Wodka (0,5 oder 0,7 Liter), 1/3 einer echten Vanillenschote.
Zubereitung: Immer nur Schlehen fernab von Schnellstraßen oder sonstig nicht umweltbelasteten Gebieten ernten. Die Früchte werden ungewaschen in das Kühlfach gesteckt. Wenn sie schon Frost bekommen haben, können sie gleich verarbeiten werden. Die Schlehen in eine dickhalsige Flasche schütten, den Kandiszucker darüber geben, die ein Drittel einer Vanillenstange ins Glas stecken. Zuletzt die Flasche mit dem Wodka auffüllen. Etwa 6 Wochen stehen lassen. In jeder Woche die Flasche vorsichtig drei mal bewegen, so löst sich der Zucker langsam auf, der Alkohol nimmt eine dunkelrote Farbe an. Wer nun eine Flasche ansetzt, hat rechtzeitig zu Weihnachten einen edlen, leckeren Likör zum Anbieten.
Weißer Blütenschleier und herb-saure Frucht: Der Schlehdorn hat seinen Wert
Es gibt Pflanzen, die machen viel Aufsehen um sich. Entweder beeindrucken sie durch ihre Größe oder die Farbe ihrer Blüten und manchmal durch die Überfülle an Früchten. Der Schlehdorn (Prunus spinosa) kann mit alldem nur zum Teil aufwarten.
So hüllt er die Feldraine und Wegränder, an denen er mit Vorliebe wächst, im späten Frühjahr durch seine vielen weißen Blüten in ein prachtvolles Festgewand. Den Rest des Jahres über gibt er sich eher bescheiden, so dass man bei einem Spaziergang schon genau hinsehen muss, um dieses Steinobstgewächs zu erkennen.
Im Herbst ist es jedoch wiederum einfacher, den Schwarzdorn – wie er auch genannt wird – mit freiem Auge von dessen Nachbarn zu unterscheiden, da die Schlehenfrüchte stahlblau in der Sonne aufleuchten.
Hat sich der dornige Geselle an einem Hang oder am Waldrand einmal etabliert, dann gibt er seinem Untergrund einen festen Halt. Denn mit seinen zahlreichen Wurzeln befestigt er das Erdreich. Gleichzeitig nützt er die unterirdischen Triebe, um sich in die Nachbarschaft auszubreiten und mit den Zweigen ein schier undurchdringbares Dickicht zu bilden. Andere kleinere Pflanzenarten haben dann das Nachsehen.
Schlehenfrüchte sind seit langer Zeit eine begehrte Köstlichkeit. Viele kennen wahrscheinlich den Likör, der mithilfe von Weingeist angesetzt werden kann. Da verwundert es vielleicht, dass der Versuch, eine Schlehenkirsche früh im Herbst zu verkosten, mit Sicherheit in einer verzerrten Grimasse unseres Gesichts endet. Es braucht eben den ersten Frost, der die Schlehen einigermaßen genießbar macht. Die gereiften Früchte wirken sich positiv auf Magen, Darm und die Qualität des Blutes aus.
zitiert nach: Benedikt Felsinger O.Praem: Für Leib und Seele. Tipps vom Kräuterpfarrer. Amalthea Verlag, Wien, 2014 (bei Amazon kaufen).
Autorin
• Marion I. Kaden, Berlin, 21. November 2009.
Bildnachweis
• Marion Kaden, Berlin, 2009.
weitere Infos
• Rezept: Schlehen-Gelee.
• Schlehdornblüte: Ein Fest für die Sinne.
• Rezept Schlehen-Chutney.
• Rezept Schlehen-Marmelade.
• Original Schlehenlikör Höllberg 30% vol, (1 x 0.5 Liter), fruchtiger Edellikör ohne Aromastoffe (bei Amazon kaufen).
Liebe Ottilie,
ja, gemeint ist eine Flasche Wodka — z. B. 0,5 oder 0,7 Liter. Da der Likör recht geschmacksintensiv ist, würde ich eher 0,7 Liter nehmen.
Liebe Grüße,
Rainer
tolles Rezept, leider fehlt die Literangabe des Wodkas. Gehe davon aus, dass dies 1 Flasche (0.7l) sein sollte, oder?
Wow! Ich bin weder Alkoholiker noch überhaupt Alkohol zugewandt, aber dieses Rezept hat mich aus dem Anti-Alkoholschlaf geholt. Gestern habe ich nämlich Schlehenbüsche (fern den Straßen!!!!) entdeckt, die sich nur so vor Früchten gebogen haben.
Ich werde sowohl den Likör probieren, aber auch die Marmelade (eher für Mammis süße Tochter geeignet) ausprobieren!
Vielen Dank auch für das wissenswerte Beiwerk im Text!
NatÜrliche Grüße
Sela