Eine kleine Erinnerung an meine Großmutter brachte mich kürzlich auf ihre Petersilienwurzel-Suppe. Ihr Rezept, welches höchst einfach ist, möchte ich gerne mitliefern und ein paar Betrachtungen.
Meine Großmutter kam ursprünglich aus Stettin, bis sie, wie viele andere, zum Ende des 2. Weltkrieges mit ihren Kindern flüchtete. Vor der Flucht hatte sie eine große Familie, die auf dem Land lebte und betrieb mit ihrem Mann zur Eigenversorgung einen Schrebergarten am Stadtrand Stettins. Ihre Küche war einfach und vegetarisch. Durch die frischen Gemüsen jedoch auch höchst schmackhaft. Ihren Kochstil behielt sie in Schleswig-Holstein bei, wo sie dann Haus und einen großen Garten versorgte. Meine Eltern lebten mit im Haus. Wenn meine Mutter in seltenen Fällen mal nicht zu Hause war, durfte ich bei meiner Großmutter essen. Das war immer etwas Besonderes. Oft wünschte ich mir die Petersilienwurzel-Suppe. Dann begann ein kleines Ritual: Unter ihrer Aufsicht durfte ich im Garten die drei Petersilienwurzeln aussuchen und ziehen. Wenn die Kartoffeln schon geerntet werden konnten, durfte ich welche ausmachen. Die Schätze wurden in die Küche getragen und verarbeitet.
Die Kartoffeln wurden schon mal vorweg gekocht, weil sie länger brauchten. Das Grüne der Petersilienwurzeln wurde abgeschnitten, die Wurzeln gewaschen und leicht abgeschabt. Es kam Butter in den Topf, worin die Petersilienwurzeln unter leichter Hitze und Drehen gebräunt wurden. Dann bedeckte Wasser gerade eben die Wurzeln. Sie wurden unter geringer Hitze langsam gar gekocht. Eine Messerprobe zeigte, wann sie weich waren. Meine Großmutter hat grundsätzlich die Wurzeln entfernt, süße Sahne hinzugegeben, Pfeffer und Salz, ein wenig geschnittene Petersilie. Sie war Minimalistin und wollte nur die Essenz der Wurzeln. Dazu gab es die frischen Kartoffeln, die zerquetscht wurden, um die Suppe aufzunehmen. Wie gesagt, ich fand dieses einfache Gericht unglaublich lecker.
Im Erwachsenen-Alter habe ich manchmal, nur der Erinnerung wegen, dieses Rezept nachgekocht. Ob sich im Alter der Geschmack ändert? Wahrscheinlich. Als Kind habe ich den feinen Petersilienwurzel-Geschmack gut herausgeschmeckt. Im Alter nicht mehr so, weshalb ich dazu übergegangen bin, die Petersilienwurzeln klein zu schneiden und mitzuessen. Petersilienwurzeln, die wegen ihres Geschmacks und Inhaltstoffe immer in einem Suppenbund zu finden sind, haben längst einen anderen Ruf erhalten, als nur Wurzel zu sein. Gourmetköche verwenden sie als feines Beilagengemüse, oder verarbeiten sie gemeinsam mit anderen Wurzelgemüsen.
Wenn ich so meine Enkelkinder beobachte, kann ich sie wirklich gut verstehen. Auch die Enkelkinder sind Minimalisten. Zur Verzweiflung ihrer Eltern mögen sie dies nicht und das nicht. Es sind die einfachen Gerichte: Spagetti mit Butter oder höchstens ein klein wenig Tomatensauce. Deftige Bratkartoffeln oder einfache Würstchen. An raffinierten Gerichten mit vielen Gewürzen oder Zutaten sind die Kinder nicht interessiert. Mir ging es eigentlich genauso, habe es nur vergessen. Heute habe ich viel Nachsicht und bemühe mich, alles sehr einfach zu halten — nicht immer, doch häufiger mit Erfolg. Und dann richte ich es auch so ein, dass Gemüse und Heilpflanzen mit dabei sind, schließlich sollen sie auf den Geschmack kommen. Gerne erinnere ich mich daran, dass bis heute meine erklärte Leibspeise frische Kartoffeln, Möhren und Erbsen sind. Die Ernte aus dem eigenen Garten habe ich leider nicht mehr. Also bleibt ein Hauch von Nostalgie, und dass das Gemüse früher einfach besser war.
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