In der Bonner Bundeskunsthalle findet vom 13. April bis zum 20. August 2017 die Ausstellung “Iran. Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste” statt. Angeschlossen ist die Extraausstellung “Persische Gärten. Die Erfindung des Paradieses”. Sowohl die Iran-Ausstellung wie auch der Besuch des Persischen Gartens sind interessant und aufschussreich. Für Gartenliebhaber lassen sich verschiedene kulturhistorische Aspekte zu Europa herstellen. Und nicht zuletzt: Die Perser waren und sind große Liebhaber von Heilpflanzen, Kräutern und Rosen, die sämtlich in der persischen Küche bis heute Verwendung finden.
“Man muss nicht erst sterben, um ins Paradies zu gelangen, wenn man einen Garten hat”. So soll ein persisches Sprichwort lauten. Es zeigt die Bedeutung, die Gärten auf dem trockenen iranischen Hochplateau haben, welches von hohen Gebirgen umschlossen ist und für besondere klimatische Bedingungen sorgt. Das Wort Paradies geht auf den Begriff pairidaeza zurück, welches Umfriedung bedeutet. Eine solche künstliche Umfriedung ist beispielhaft zwischen der Bundeskunsthalle und dem Kunstmuseum aufgebaut worden. Es ist ein abgeschlossener Bereich, für den auch extra Eintritt verlangt wird. “Lehmmauern” umgeben den Garten, zentral liegt ein Wasserbecken in einer Kreuzform, welches mit plätschernden Springbrunnen ausgestattet sind. Das Wasserbecken ist mit vier Blumenbeeten umfasst. Die Formen sind streng symmetrisch angelegt, ebenso die Bepflanzung der Blumen, die Anordnung der Blumenkübel oder kleinen Pinienbäumchen. Der angelegte Persische Garten bildet einen Archetypus ab, damit Besucher einen Eindruck erhalten können. Wer schon einmal in der Alhambra in Andalusien war, wird sich erinnert fühlen. Tatsächlich sind Gärten und Anlagen der Alhambra vom persischen Gartenbau und Architektur übernommen. Auch das indische Taj Mahal folgt den Anweisungen und Grundmustern persischer Gärten.
Für das Überleben auf dem durch Hitze und Trockenheit beherrschten Hochplateau sind Schatten, Kühle und Wasser überlebenswichtig. Die persische Kultur erlebte sehr früh eine hohe Blüte — was wiederum durch die Iran-Ausstellung eindrucksvoll dargestellt wird — mit hohem technischen wie architektonischem Können, Herstellung von Kunstgegenständen, Teppichen, Keramik usw. Ein Beispiel aus der Technik: Das Wasser bzw. Schmelzwasser wurde bzw. wird bis heute aus den umliegenden Gebirgen über unterirdische Gänge in natürlichem Gefälle über hunderte Kilometer in die Städte oder Oasen geleitet. Das heiße Klima und das Wasser aus den Gebirgen ermöglicht den Anbau zahlreicher Getreiden, Pflanzen, Kräuter, Obstbäume und Palmen. Händler aus Frankreich oder England, die z.B. im frühen wie späten Mittelalter nach Persien zogen, um begehrte Waren (exotische Gewürze, Keramiken, Teppiche) zu erstehen, mag das Land wie ein Paradies oder ein Märchen aus 1001 Nacht vorgekommen sein. In Isfahan und vielen anderen persischen Städten sind die Moscheen oder Gartenanlagen in ihrer ganzen Prachtentfaltung auch heute noch zu bewundern.
In dem archetypischen Garten in Bonn wird zumindest ein kleiner Eindruck von den Möglichkeiten eines solchen Gartens vermittelt: Die Umfriedung lässt die Hektik und den Straßenlärm draußen. Die Brunnen plätschern, später im Sommer können z.B. die Lorbeerumfassungen der Beete oder die Zitronen- und Apfelsinenbäumchen duften. Wer verweilen will, kann dies in der Sonne oder im Schatten tun. Die schattigen Plätze sind komfortabel mit niedrigen Sitzkissen und Teppichen ausgestattet. In einem zweiten Innenhof liegt auch wieder zentral ein Wasserbecken, welches für Kühle und ein besonderes Mikroklima sorgt. So können Rosen, Granatapfel-, Zitronen- und Apfelsinenbäume gut überleben. Auch die Heilpflanzen wachsen unter diesen Bedingungen hervorragend.
Da der Garten erst frisch bepflanzt wurde, sind die Pflanzen oder Kräuter gerade dabei richtig anzuwachsen. Wenn nicht gerade eine große Besuchergruppe den Garten bevölkert, kann der Garten durchaus den gewünschten orientalischen Charakter ausstrahlen. In jedem Fall bietet diese Ausstellung viele Ansätze, sich mit der uralten Kultur auseinander zu setzen. In Anbetracht der geradezu märchenhaften Bilder von Gärten oder Moscheen, die per Video ausgestrahlt werden in einem Inforaum, kann Fernweh aufkommen. Neun persische Gärten wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe gehörend erklärt. Allein der Besuch einiger dieser Gärten muss inspirierend und beeindruckend sein.
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