Kopfweiden sind in der Landschaft unverkennbar, wenn sie gut gepflegt sind. Sie haben einen dicken Rumpf, und wie ein zerzauster Haarschnitt sprießen alljährlich die schnellwachsenden Zweige aus dem meist ziemlich radikal heruntergeschnittenen “Kopf”. Früher haben Korbflechter die Aufgabe übernommen, die Kopfweiden zu beschneiden und damit den Rohstoff zum Körbe flechten gesammelt. Korbflechter gibt es in Deutschland nur noch sehr wenige. Ihren Lebensunterhalt können sie damit nicht bestreiten, denn die handgeflochtenen Körbe sind den meisten zu teuer: 30–40 Euro? Dafür, dass es Handarbeit ist, eigentlich nicht viel. Trotzdem werden die billigeren Körbe der polnischen Korbflechter — wo es sie noch zahlreicher gibt — vorgezogen. Oder Billigware aus Asien.
Damit wird auch eine Chance für unsere Landschaftspflege vertan. Kopfweiden müssen aufgrund ihres sehr weichen Holzes, regelmäßig gepflegt, d.h. geschnitten werden. Wenn nicht, dann entstehen solche bizarren Kunstwerke.
Beim genaueren Betrachten der Rinde sind sogar Tiere wie zum Beispiel dieser Kopf zu sehen. Das Bemerkenswerte ist für mich, dass die Kopfweiden trotz fehlenden Stammes immer noch weitersprießen — ein Zeichen unbändiger Vitalität. Werden Weidenzweige zu Ostern ins Wasser gestellt, treiben rasch Wurzeln aus. Auch ein Grund, weshalb bei den Altvorderen Weidengewächse (Salicaceae) in Mythen und Legenden einen besonderen Stellenwert inne hatten.
Der geweihte Baum der griechischen Göttin Demeter war die Weide. Die Druiden der Kelten feierten zur Zeit der Weidenblüte das Fest der Wiedergeburt der Natur. Sie steckten Weidenzweige in die Erde, als symbolischen Akt der Erhaltung der Fruchtbarkeit (1). Lange bevor die Salicylsäure entdeckt wurde, verwendeten Heiler wie Dioskurides (Arzneimittellehre des Dioskurides) , Hippokrates oder Hildegard von Bingen die Wirkstoffe der Weide als wundheilende, zusammenziehende Arznei.
(1) Strassmann, Renato: Baumheilkunde. Heilkraft, Mythos und Magie der Bäume. AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2006.
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