Der Kanarische Dachwurz (Aeorium canariense) ist eine einheimische Pflanze, die nur auf Teneriffa wächst. Sie macht ihrem Namen alle Ehre, weil die Heilpflanze auch gerne Dächer besiedelt. In La Laguna, der ehemaligen Hauptstadt Teneriffas, beispielsweise ist sie zu bewundern. Die Pflanze setzt sich in die Ritzen von Dachziegeln und lebt von der Feuchtigkeit, die sich in den Mauern bildet. Viele Hausbesitzer bekämpfen sie, weil die Wurzeln im Laufe der Jahre natürlich Schäden verursachen. Doch dort, wo der Kanarische Dachwurz auf den Dächern stehen gelassen wird, steht sie praktischerweise handgreiflich und heilkundlich zur Verfügung.
Die einheimische Pflanze wurde (oder wird vielleicht heute noch?) zur Versorgung von Wunden oder bei Hautentzündung verwendet. Der einheimische Name lautet Pastel de risco. Neben ihrem geschätzten Standort, den Dächern, ist sie noch in den feuchten Wänden der Nordhänge des Anagagebirges oder des Teno zu finden. Auf den Dächern von La Laguna bekommt sie übrigens genügend Feuchtigkeit ab, weil die Stadt in den Bergen liegt. Dort ist es das ganze Jahr über frischer und regenreicher als zum Beispiel in den südlichen Regionen der Insel.
Der Kanarische Dachwurz hat kurze Stängel. Die Blätter sind rosettenförmig angeordnet, ihre Blüten sind quietschgelb. Die Blätter wurden zerschnitten oder zerstoßen und als Breiaufschlag (Kataplasma) zum Beispiel auf schwärende Wunden, Brandwunden gelegt. Der Breiumschlag wurde auch zur Linderung von Hautentzündungen verwendet — so steht es zumindest in dem Buch “Wildpflanzen in Teneriffa”*. Da ich jedoch die Quelle nicht überprüfen und die botanische Zuordnung durch die Aquarell-Bilder nicht einwandfrei bestimmen kann, bitte ich Touristen, von eventuellen Dachwurz-Heilversuchen Abstand zu nehmen. Wir haben selbst genügend Heilpflanzen, die wir verwenden können — wie Ringelblume zum Beispiel — da müssen wir nicht ohnehin gefährdete Insel-Pflanzenschätze plündern.
Denn die Wildpflanzen haben es schwer auf Teneriffa. Das unten genannte Buch verweist in einem Vorwort von 1998 auf einen extrem gefährdeten Bestand hin. Wie die Entwicklung weitergegangen ist, kann ich momentan nicht beurteilen. Doch zu befürchten ist, dass es nicht gut aussieht. Denn beispielsweise wird das Straßennetz immer weiter ausgebaut. Die bestehende Autobahn wird erweitert und selbst die unzugänglichen Serpentinenstraßen in den Gebirgen (siehe Lorbeerwald) sind in ausgezeichnetem Zustand. Entsprechend werden sie viel genutzt, und immer mehr Menschen kommen leicht selbst in die abgelegensten Gebiete. Auch für den Ausbau weiterer Hotel- wie Appartementkomplexe wird Baugrund und damit Lebensraum von Flora und Fauna benötigt.
*Quelle: Saá, de Lucas, Sanchez-Pinto, Lásaro: Wildpflanzen in Teneriffa. Identifikationsführer. Publicationes Turquesa S.L. Santa Cruz de Tenerife. 1998. S. 14.