Wengelsbach lieg in den nördlichen Vogesen. Es ist ein Weiler in dem wenige Häuser stehen. Früher war diese Region eine sehr abgeschnittene und auch recht arm. Der Ort teilt ein Schicksal mit vielen anderen ländlichen Dörfern und Städten: Es leben dort nur noch wenige Menschen. Die Jüngeren sind weggezogen, weil sie in diesen Regionen kein Auskommen haben. Zurück bleiben Häuser und riesige Grundstücke, die hauptsächlich mit Rasen bepflanzt sind. Und darum geht es in diesem Beitrag: Um Alternativen zum leblosen Rasen.
Im Dorf Wengelsbach gibt es an den Wegen und bestimmten Häusern Tafeln, wo alte Fotos zeigen, wie sich das Leben um die Jahrhundertwende darstellte. Es wurde Landwirtschaft betrieben und verschiedene Familien waren Köhler. Die Köhler brauchten Holz, weshalb die gesamte Region abgeholzt war, um die Köhlerhütten zu betreiben. Fotos zeigen die leeren Hänge der 300–400 Meter hohen Anhöhen, die sich lieblich bis kegelförmig zeigen.
Heute wird intensive Forstwirtschaft betrieben, die Hänge sind aufgeforstet meistens mit Kiefern. In den Tälern wachsen noch andere Baumarten wie Buchen, Eichen, Ebereschen, Walnussbäume. Das Dorf ist nach wie vor schlecht erreichbar: Über einen holperigen Waldweg, der früher der einzige Zugang zum Dorf war. Oder über eine neugebaute Straße, die serpentienenartig über verschiedene Höhenzüge führt und deshalb nicht soviel benutzt wird, weil sie einen 20 Kilometer lange Umweg darstellt.
Die Region ist sehr schön, der Teil dieser Vogesen lieblich, stark bewaldet. Es gibt viele Flüßchen und Fischteiche. Im Mittelalter gehörte diese Region zu einer einzigartigen Kulturlandschaft, die heiss umkämpft war, was zahllose Burgruinen beweisen. Heute laden lange Wanderwege zu herausfordernden Wanderungen ein. Teilweise wurden die Burgruinen vor dem Verfall gerettet. Es entstanden “neue” Ruinen, die zum Beispiel aufgemauert wurden wie Burg Fleckenstein. Teilweise muss viel Fantasievolles mit eingeflossen sein. Für Kinder und Mittelalter-Fans sind sie genau das Richtige.
Der Weiler Wengelsbach ist nur in den Sommermonaten belebt: Die Franzosen, die dort Familie hatten und Häuser wie Gärten machen dort Urlaub. Auch einige Touristen haben sich eingemietet, um die grandiose Gegend per Pedes zu erkunden. In dieser Zeit erwacht das Dorf aus seinem Dornröschenschlaf: Geschäftig wird gebastelt und vor allem Rasen gemäht. Und zwar kurz mit diesen Rasenmähern, die kleinen Traktoren ähneln und die ausschließlich von Männern befahren werden.
Gleich bei meinem ersten Spaziergang durchs Dorf fielen mir diese kargen, von der Sonne durchgetrockneten riesigen Rasenflächen auf. Früher waren diese Flächen Gärten, die die Selbstversorgung mit Gemüse sicher stellten. Ich fragte mich immer wieder, warum in aller Welt nur Rasen? Im Dorf gab es überall an den Wegrändern — Gott sei Dank noch Heilpflanzen — die einen wunderschönen Kontrast zu den unbelebten Grasflächen bildeten. Hier flatterten zahllose Schmetterlinge herum, Wildbienen und andere Insekten auf der Suche nach Nahrung. Dort gab es Leben, Summen, Geschäftigkeit.
Auf den Rasenflächen nicht! Was ist dagegen einzuwenden Wildwiesen wachsen zu lassen? Der Vorteil: Sie brauchen viel weniger gemäht werden. Der Boden trocknet weniger aus. Mehr Insekten, Vögel und Kleinstlebewesen haben eine bessere Überlebenchance.
Stetig wird auf die sterbenden Arten hingewiesen. Angeklagt wird dann die Landwirtschaft. Selbstkritisch muss ich zugeben, dass mein Lieblingsthema in diesem Falle das Glyphosat ist. Doch wie sieht es mit den vielen Privatflächen beziehungsweise Gärten aus? Warum darf sich die Natur nicht um die Häuser ausbreiten? Wegen der schelen Blicke der Nachbarn, die das “Unkraut” fürchten? Oder der Kleintiere, die sich in die (meist leeren) Häuser einnisten könnten? In dem Biosphärenhaus im nahegelegenen Fischbach entdeckte ich ein Hinweisschild, was stolz darauf verwies: “Wir lassen hier Wegwarte, Johanniskraut und andere Heilkräuter bewußt wachsen — denn sie schützen vor der Austrocknung des Bodens, schaffen ein eigenes Mikroklima und wir müssen nicht so viel wässern. Eine win-win-Situation!. Ach was! Ich habe das Schild fast so verstanden, dass sich dafür entschuldigt wurde dafür, dass dort so viel “Unkraut” wachse.
Wir können doch nicht das Aussterben der Arten beklagen, wenn wir in unserem eigenen Lebensbereich so viel tun könnten! Was ist gegen Heilpflanzenwiesen statt Rasen einzuwenden? Die bunte Vielfalt ist doch viel schöner, lebendiger!
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