Heilpflanzen-Anwendungen begleiten die Menschheit seit Anbeginn. Die jahrtausendealte Tradition der Verwendung von Heilpflanzen konnte z.B. durch Grabbeilagen oder alte Dokumentationen wie das Papyrus Ebers nachvollzogen werden. Arzneipflanzen wurden zum Vorbeugen, Heilen, Lindern von Krankheiten eingesetzt, Gewürze zur Verbesserung des Geschmacks oder z.B. zur Verdauungsförderung. Heilpflanzen wie Gewürze erfuhren je nach kulturellem Hintergrund der jeweiligen Länder unterschiedliche Verarbeitungen oder Therapieformen.
Die geographischen, klimatischen Bedingungen schlagen sich ebenfalls nieder. So kommen in der Ayurvedischen, Tibetischen, Chinesischen oder Japanischen Medizin natürlich andere Pflanzen zum Einsatz als in der sog. traditionellen europäischen Medizin (TEM). Die jeweiligen bekannten, verwendeten Heilpflanzen waren dann im deutschsprachigen Raum auch bei Weiterentwicklungen grundlegend beteiligt wie beispielsweise der Homöopathie, Spagyrik oder der Anthroposophische Medizin mit ihren besonderen Therapiekonzepten.
Das Wissen um die Heilpflanzen fließt ebenso in die moderne Medizin: Heilpflanzen und ihre Wirkstoffe waren und sind die Grundlage für die Entwicklung zum Beispiel vieler moderner Arzneimittel. Mittlerweile sind zahlreiche Einzel-Wirkstoffe und ihre heilsame Wirkung von Gewürzen oder Heilpflanzen bekannt. Sie werden, wenn dies möglich ist, chemisch nachgestellt (synthetisiert) und als chemischer Wirkstoff z.B. als Schmerzmittel verkauft. Beispielhaft ist die Entdeckung der Acetylsalizylsäure aus der Weidenrinde zu nennen, die zum weltweit am häufigsten eingesetzten Schmerzmittel wurde. Diese chemisch klar definierten Einzelwirkstoffe können leicht und billig hergestellt werden und sind von großem Nutzen.
Die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) basiert jedoch meistens auf Vielstoffgemischen. Jede Heilpflanze enthält eine Vielzahl an heilsamen Wirkstoffen, die dann in einer bestimmten Zusammensetzung erst die “richtige” Wirkung im Körper des Menschen oder Tieres entfalten. Das Geheimnis von Wirkstoff-Bouquets vieler Heilpflanzen ist noch nicht wirklich gelüftet und wird wahrscheinlich auch zukünftig noch viele Wissenschaftler beschäftigen.
Nun hat der Wissenschaftsglaube, der sich in das moderne Leben geschlichen hat, verschiedene Nachteile. Denn alles, was nicht wissenschaftlich, also durch z.B. labortechnische klar und eindeutig in Entstehung, Wirkung nachgewiesen werden kann, existiert quasi nicht oder wird als “unwirksam” eingestuft. Wissenschaftler haben seit den 80iger Jahren versucht, Arzneipflanzen in “wirksame” — gut einsetzbare und heilsame — oder “unwirksame” Heilpflanzen einzuteilen. Leider sind bei dieser Kategorisierung viele Heilpflanzen aus dem Katalog des “Nützlichen, Wirksamen” (Monographien) gefallen. Eine besonders schlimme Wendung für die deutsche Phytotherapie hat die Herausnahme von Phytopharmaka durch Ulla Schmidt aus dem Verordnungskatalog 2004 genommen. Das heisst nützliche, hoch wirksame und gute pflanzliche Arzneimittel wurden nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt, sondern Patienten mussten diese nun selber bezahlen. Trotz des hohen Nutzens waren viele Patienten nicht bereit, diesen Obulus für die pflanzlichen Arzneimittel und ihren Fortbestand zu leisten. Nur ein paar Jahre später verschwanden zahlreiche sehr eingeführte, hervorragende Arzneimittel und Präprate vom deutschen Arzneimittelmarkt. Wirtschaftlich konnten sich vor allem kleinere Phytopharma-Hersteller nicht halten und verschwanden (und damit viele gute, traditionelle Rezepturen) — Marktbereinigung heisst das wohl. Die deutsche Phytotherapie hat sich davon bis heute nicht erholt. Sie wird nun von einigen, wenigen großen Arzneipflanzenherstellern repräsentiert.
Was den Arzneimittelherstellern vielleicht richtig auf die Füsse fallen dürfte, ist, dass die Bundesregierung sehr wenig Geld für die Erforschung von Heilpflanzen ausgibt. Dabei könnten daraus richtig innovative Heilmittel oder Nachfolgepräparate entstehen. Und: Es gibt wenig Politiker, die sich dieser Sache annehmen. Armes Deutschland! Dabei war dieses Land einmal das Mutterland der Phytotherapie und hatte weltweit einen ausgezeichneten Ruf. Heute leisten sich nur noch kleinere Länder wie die Schweiz oder Island den Luxus einer zu unterstützenden Pflanzenheilkunde. Durch das Schweizerische Heilmittel- und Krankenversicherungsgesetzt z.B. ist die Verordnung von Phytopharmaka in der Grundversicherung verankert (Volksabstimmung). Damit hat sie auch für Forschung und Entwicklung ganz andere Möglichkeiten. Die relevanten, interessanten Erkenntnisse dürften also zukünftig aus der Schweiz kommen oder aus den USA, deren Regierung alljährlich 600 Millionen $ für Phyto-Forschung ausgibt und nicht mehr aus dem Mutterland der Phytotherapie.
Autorin
• Marion Kaden, Berlin, 10.10.2013.
Bildnachweis
• Marion Kaden, Berlin.
das Blogsystem Quer kannte ich bisher noch nicht. Kann ich ehrlich gesagt auch nicht beurteilen. Ich benutze hier WordPress und bin wegen der einfachen Bedienung sehr damit zufrieden. Naturheilkundler sehen das genauso wie du: Je früher mit dem Heilpflanzenwissen begonnen wird, desto besser. Es spart an richtiger Stelle Geld, die Menschen müssen sich damit nur richtig auseinandersetzen. Denn Heilpflanzen heilen nicht nur, sie haben auch Nebenwirkungen und die müssen eben bekannt sein.
ich finde es sollte schon in der Schule von klein auf unterrichtet werden wie wichtig die “natürliche Apotheke ” ist. Eigentlich schon im Kindergarten 😉
Denn dann gäbe es weniger Erkrankungen weil man nicht so viel Chemie zu sich nehmen muss. Danke für diesen ausführlichen Blog.
Dann wollte ich fragen was du von qwer.com hältst? Ist ein neues Blogger-System.
Freue mich auf Antwort