Heil­pflan­zen im Natio­nal­park Unte­res Odertal

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Natio­nal­park Unte­res Oder­tal — geschütz­te Auenlandschaft

Im “Natio­nal­park Unte­res Oder­tal” gibt es von Mit­te Juli bis Ende Novem­ber geführ­te Kanu­tou­ren. Dann, wenn die Vögel ihre Brut und Auf­zucht der Jung­vö­gel been­det haben, dür­fen Besu­cher in das Gebiet. Anlauf­stel­le für die Kanu­tou­ren ist das Was­ser­zen­trum der Stadt Schwedt. Ein Bericht.

Der Natio­nal­park Unte­res Oder­tal liegt zwi­schen der Oder und der Hohen­saa­ten-Fried­richs­ta­ler-Was­ser­stra­ße. Cha­rak­te­ris­tisch für ihn ist sei­ne Auen­land­schaft. Das Gebiet ist durch­zo­gen von Tei­chen, Tüm­peln, Was­ser­ar­men und klei­ne­ren Was­ser­läu­fen. In Rich­tung Schwedt ist der Natio­nal­park von einem Som­mer­deich geschützt, hin zur schiff­fä­hi­gen Oder durch einen Win­ter­deich. Die­ses, durch Dei­che ein­ge­grenz­te Gebiet, auch Pol­der genannt, kann zu Hoch­was­ser­zei­ten auch voll­kom­men über­flu­tet sein. In trock­ne­ren Zei­ten wer­den die Pol­der­ge­bie­te zum Teil land­wirt­schaft­lich genutzt.  Trotz­dem sind außer­dem noch genü­gend Sümp­fe, Was­ser­ge­bie­te und vie­le für den Men­schen unzu­gäng­li­che Regio­nen vor­han­den. Kurz: Es ist ein Para­dies also für sel­te­ne Vögel, Fische und Was­ser­tie­re wie ‑Pflan­zen ver­schie­dens­ter Arten.

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Ste­fan Pät­zold erklärt die Rou­te durch den Nationalpark

Das Was­ser­zen­trum ist nicht gut aus­ge­schil­dert, wes­halb sich Eini­ge ver­spä­ten. Nach einer hal­ben Stun­de sind dann alle bei­sam­men für die geführ­te Kanu-Tour. Bevor die Kanus zum Was­ser getra­gen wer­den, gibt Ste­fan Pät­zold, der Kanu­füh­rer, noch eine “Beleh­rung” ab. Das heisst er erzählt, wie sich die Besu­cher ver­hal­ten sol­len im Natio­nal­park wie zum Bei­spiel kei­nen Müll in die Land­schaft schmeis­sen, sich rück­sichts­voll ver­hal­ten, sich unter­ein­an­der Hil­fe anbie­ten — eigent­lich Din­ge, die selbst­ver­ständ­lich sein soll­ten. Ste­fan erklärt dann auch die vor­ge­se­he­ne Rou­te. An zwei Stel­len zu Beginn und am Ende der Kanu-Rou­te müs­sen die Boo­te über die Dei­che getra­gen wer­den, was sich spä­ter als das Schwie­rigs­te über­haupt her­aus­stellt. Dann wer­den die Besu­cher noch auf die Boo­te ver­teilt. Nach einer kur­zen Ein­wei­sung für das Kanu­fah­ren, geht es dann end­lich los.

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Auf gehts in die schö­ne Auenlandschaft

Die Kanus wer­den vom Boots­haus gen Was­ser getra­gen. Die wirk­lich sehr bunt zusam­men­ge­wür­fel­te Trup­pe aus ver­schie­dens­ten Län­dern und Gene­ra­tio­nen besteht die­se ers­te klei­ne Prü­fung tadel­los. Dann drau­ßen auf dem Was­ser wer­den bei den Unge­üb­ten die ers­ten Steu­er­un­fä­hig­kei­ten sicht­bar. Ein Boot fährt in einem beson­de­ren Zick-Zack-Kurs und wird mit viel Geläch­ter und Gejoh­le über­holt. Die Über­fahrt über die Hohen­saa­ten-Fried­richs­tha­ler-Was­ser­stra­ße dau­ert nur ein paar Minu­ten. Dann müs­sen die Boo­te gleich wie­der aus dem Was­ser gehievt, über den Deich und ein Stück über Land mit Boots­wa­gen trans­por­tiert wer­den. Da jedoch alle gemein­sam anpa­cken ist die ers­te Hür­de gut genom­men. Nun erst liegt vor der Grup­pe die sechs­stün­di­ge Fahrt mit einer län­ge­ren Pau­se im Nationalpark.

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Die Krebs­sche­re hat sich stark verbreitet

Die Was­ser­fahrt wird gemäch­lich ange­gan­gen. Die Grup­pe hat genü­gend Zeit, sich mit den Boo­ten ver­traut zu machen. Kanu­fah­ren ist nicht wirk­lich schwie­rig, die brei­ten Boo­te bie­ten auch Unge­üb­ten genü­gend Sicher­heit. Auch das Wet­ter spielt mit: Die Son­ne scheint, nur ein leich­ter Wind bläst — alles bes­tens für eine präch­ti­ge Kanu­tour. An beson­de­ren Stel­len ruft Ste­fan die Boo­te zusam­men, um etwas zu zei­gen oder zu erklä­ren. Beim ers­ten Stopp zieht der Kanu­füh­rer eine Pflan­ze aus dem Was­ser. “Dies ist eine Krebs­sche­re”, erklärt er eine Pflan­ze, die oben bro­me­li­en­ar­tig aus­sieht und im Was­ser ganz ähn­li­che Wur­zeln ent­wi­ckelt. Die Krebs­sche­re ist eigent­lich ein Aqua­ri­ums­ge­wächs. Irgend­wann muss die Was­ser­pflan­ze ent­we­der von Men­schen aus­ge­setzt oder irgend­wie anders (übers Klo?) in die Flüs­se gera­ten sein. Offen­sicht­lich gefiel ihr die neue Umge­bung, an die sie sich so gut anpass­te, so dass sie nun mas­sen­wei­se bestimm­te Regio­nen der Was­ser­ar­me des Natio­nal­parks besiedelt.

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Schwa­nen­blu­me

Die Fahrt geht wei­ter an bizarr gewach­se­nen Kopf­wei­den. Sie säu­men als ein­zi­ge Baum­art die Was­ser­stra­ßen, den Erlen scheint es zu naß zu sein. Beim nächs­ten Halt lernt die Grup­pe den Frosch­biss, eine Was­ser­pflan­zen­art mit klei­nen Blät­tern und busch­wind­rös­chen­ähn­li­chen, hüb­schen Blü­ten ken­nen. Das Pfleilkraut blüh­lt eben­falls gera­de, die Blü­ten wach­sen an einem Stil und ragen allei­ne aus dem Was­ser. “Auch die Schwa­nen­blu­me ist bei uns nicht sel­ten”, erzählt Ste­fan. Im Gegen­satz zu ande­ren Regio­nen darf im Natio­nal­park die attrak­ti­ve, lang­sti­li­ge Blü­te weder gepflückt noch aus­ge­gra­ben wer­den, um sie dann im eige­nen Gar­ten­teich anzu­sie­deln. Die Ufer der Was­ser­ar­me wer­den von ver­schie­de­nen Schilf­ar­ten bewach­sen, auch vom Schilf­rohr, der eben­falls wegen sei­ner deko­ra­ti­ven Kol­ben anderwo gefähr­det ist.

Schwimmfarn, ebenfalls ein Gewächs, dass sich durch Menschenhand massenweise ausbreitete
Schwimm­farn, eben­falls ein Gewächs, dass sich durch Men­schen­hand mas­sen­wei­se ausbreitete

Weil Brut- und Auf­zug der Was­ser­vö­gel längst vor­bei ist, sind sel­ten wel­che zu sehen. Ein­mal tau­chen im Hin­ter­grund abge­stor­be­ne Wei­den auf. Ihre toten Äste ragen weiss in den Him­mel. Leicht erkenn­bar sind auch Kor­mo­ra­ne, die dort ein geschütz­tes Refu­gi­um genie­ßen. Sie wer­den vor allem von Fischern nicht gedul­det, weil sie wegen ihrer Fang­tech­nik — oft picken sie Fische nur an — gro­ße Schä­den anrich­ten kön­nen. Im Natio­nal­park wer­den die ele­gan­ten Vögel jedoch nicht ver­folgt. Auch sel­te­ne Vögel wie die scheu­en Schwarz­stör­che haben genug Platz und Ruhe, um für ihren Nach­wuchs zu sor­gen. Außer­dem gibt es Weiss­stör­che, Fisch­rei­her, Fisch­ad­ler, ver­schie­de­ne Raub­vö­gel, Gän­se- oder Enten­ar­ten und den Lieb­lings­vo­gel von Ste­fan, den Eis­vo­gel. Mit gro­ßem Glück sind die exo­tisch bunt gefie­der­ten Vögel zu beob­ach­ten. Das mag dann wahr­schein­lich auch von der Grö­ße der Grup­pe, der Tages- oder Jah­res­zeit abhängen.

Lauschige "Weidentunnel"
Lau­schi­ge “Wei­den­tun­nel”

Bei einem Stopp hält Ste­fan an den hohen Gra­ben­wän­den an, um dort die Heil­pflan­zen Bein­well oder Blut­wei­de­rich zu zei­gen. Auch wach­sen dicke schwar­ze Brom­bee­ren an den Gra­ben­rän­dern und sogar der bit­ter­sü­ße Nacht­schat­ten. Als die Kanus wei­ter­fah­ren wol­len, springt noch ein ver­wirr­ter Teich­frosch in ein Kanu und sorgt für Auf­re­gung. Das schö­ne Tier will aber nicht her­um­ge­reicht wer­den, son­dern sucht bei der nächst­bes­ten Gele­gen­heit das Wei­te. Nach dem Pas­sie­ren eines Wei­den­tun­nels und dem Bestau­nen der “Bau­ar­bei­ten” von Bibern, die z.B. grö­ße­re Wei­den gera­de mit ihren star­ken Zäh­nen soweit bear­bei­tet haben, dass die Bäu­me kurz vor dem Umfal­len sind, gibt es eine Pause.

Anlegen für die Pause
Anle­gen für die Pause

Die Kanus wer­den zusam­men­ge­fah­ren, die Kanu­ten stei­gen aus und stel­len die zur Ver­fü­gung gestell­ten Bän­ke auf dem vor­ge­se­he­nen Pau­sen­platz des Natio­nal­parks  zusam­men. Der Pro­vi­ant und die Geträn­ke wer­den aus­ge­packt, geges­sen und her­um­ge­reicht. Nach­dem die Grup­pe nun schon soviel zusam­men erlebt hat, geht es recht locker zu und auch per­sön­li­che Gesprä­che ent­spin­nen sich. Die klei­ne­ren und grö­ße­ren Kin­der nut­zen die Gele­gen­heit zum Toben.

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Geschafft!

Wäh­rend im ers­ten Teil der Kanu­tour die enge­ren, von dicht bewach­se­nen Was­ser­pflan­zen wie See- oder Teich­ro­sen, Schwimm­farn, Pfeil­kraut oder Frosch­biss vor­herrsch­ten, sind im zwei­ten Teil die Was­ser­stra­ßen offe­ner, grö­ßer.  Zum Schluss muss noch­mals die Über­füh­rung der Boo­te über Land bewäl­tigt wer­den, was dies­mal wegen des  Zie­hens über län­ge­re Gras­stre­cken ganz schön anstren­gend ist. Dann geht es wie­der über einen Deich — dies­mal viel höher hin­auf als das ers­te Mal — und dann ist die offe­ne Was­ser­stra­ße mit Schwedt wie­der zu sehen.

Biberburg
Biber­burg

Zuletzt steu­ert Ste­fan mit der Grup­pe eine Biber­burg an, die direkt gegen­über von Schwedt liegt. Sie ist ziem­lich impo­sant. Ein rie­si­ger Hau­fen gesam­mel­ter Stäm­me, Äste und Zwei­ge schei­nen in wil­der Unord­nung über­ein­an­der zu lie­gen. Die Biber wer­den bestimmt lan­ge dar­an gear­bei­tet haben. “Die Biber waren hier schon län­ger aus­ge­stor­ben, als vor Jah­ren 25 Paa­re wie­der ange­sie­delt wur­den”, erzählt Ste­fan. Da die Tie­re kei­ne natür­li­chen Fein­de haben, brei­te­ten sie sich unter den guten Bedin­gun­gen im Natio­nal­park schnell wie­der aus. Im letz­ten Jahr wur­den 160 Paa­re gezählt. Lei­der sind die nacht­ak­ti­ven, impo­san­ten Tie­re sel­ten zu sehen. Doch Ste­fan ist einer Biber­mut­ter und drei ver­spiel­ten Biber­kin­dern schon tags­über begeg­net, erzählt er — soet­was ist sicher­lich etwas sehr Beson­ders auf einer Kanu­tour.  Nach­dem das letz­te Stück über die Was­ser­stra­ße gefah­ren, die Boo­te gesäu­bert und wie­der ins Boots­haus getra­gen sind, trennt sich die Grup­pe sehr zufrie­den. Das war ein schö­ner, inter­es­san­ter Tag.

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