Der Botanische Garten Güterslohs liegt im 15 Hektar großen Stadtpark. Er schließt die Dalke, ein Flüßchen mit ein wie auch den Botanischen Garten. Letzterer ist Teil des European Garden Heritage Network (EGHN), einem Europäischen Gartennetzwerk, aus EU-Töpfen gefördert, als Beitrag zur Förderung regionaler Entwicklungen. Stadtpark und Botanischer Garten (darin wiederum der Arzneipflanzen-Garten) sind fussläufig vom Zentrum Gütersloh gut zu erreichen. Beide sind schön angelegt und haben sich über die Jahre zu einem harmonischen Ganzen entwickelt. Ein Besuch lohnt sich.
Wahrscheinlich liegt es an den Vorgaben der Förderungen des EGHN, dass der Arzneipflanzen-Garten (Qualitätsmarke EGHN: “gemeinsame, anerkannte und praktikable Qualitätsstandards und Auswahlkriterien) nach den Kriterien der rationalen Phytotherapie aufgebaut ist. Oder der Arzneipflanzen-Garten wurde von regionalen oder überregionalen Apotheken gefördert, denn eine Tafel im Arzneigarten gibt ausführliche Auskunft über “die hohen Standards von Beratungen in Apotheken”. So ganz zu durchschauen sind die Interessen nicht, was ich schade finde. Nachvollziehbar ist ein Sponsering, schließlich ist so ein Betreiben eines Botanischen Gartens teuer. Vieles wäre bei den häufig leeren Kassen der Gemeinden nicht mehr möglich. Dennoch: Besucher sollten eindeutig über die Interessen der Sponsoren informiert werden.
Nach einem schönen Landregen präsentierte sich der Arzneipflanzen-Garten im Ende Mai frisch und gut gepflegt. Die Bepflanzung der Beete ist nach Arzneipflanzen ausgerichtet, die zum Beispiel bei “Schmerzen und Rheuma” oder “Innere Unruhe und nervös bedingte Einschlafstörungen” eingesetzt werden. Dazu gibt es erläuternde Tafeln, die schwerpunkmäßig Arzneipflanzen beleuchten, die für die genannten Indikationen in Frage kommen — immer in Bezug auf die rationale Pflanzenheilkunde, also jener, die durch Studien und Monographien belegt ist.
Was mir eindeutig fehlte, war der Hinweis auf die sogenannten traditionellen Arzneipflanzen, die noch eine Rolle spielen, auch in den Apotheken. Dazwischen gab es zu meinem Trost noch Heilpflanzen, die in der modernen Pflanzenheilkunde keine Erwähnung finden, wegen mangelnder “Evidenz”. Wie in vielen anderen Arzneipflanzen-Gärten auch, übernimmt die Natur häufig die Regie: Dann wachsen Pflanzen, die mit der Ausschilderung nichts mehr zu tun haben. Bei einem Schild bin ich länger stehen geblieben: Die Alraune sollte zu sehen sein, doch es blühte nur die Katzenminze. Sehr schade, denn die Alraune fehlt schon lange in meiner Fotosammlung. Von Mai bis Juni sind Arzneipflanzen-Gärten wegen der blühenden Heilpflanzen besonders lohnend. So auch hier: Der üppige Beinwell war von Bienen gut besucht ebenso die verschiedenen Salbei-Arten oder Erdrauch. Das Johanniskraut befand sich noch eindeutig in der Entwicklung genauso wie manche andere Heilpflanzen.
Der Arzneipflanzen-Garten ist fächerförmig mit verschiedenen Wegen angelegt. Es braucht eine Weile bis diese durchwandert sind. Einige Bänke laden im Schatten zum Verweilen ein. Der Arzneipflanzen-Garten liegt etwas am Rande des Botanischen Gartens, doch das ist völlig unproblematisch, denn die Wege sind übersichtlich. Wer später in Richtung der Gewächshäuser geht, kommt in den Botanischen Garten. Dort wurde ein rechteckig angelegter Teich mit Springbrunnen angelegt. Er ist mit lauschigen Wandelgängen aus gewachsenen Buchen umsäumt. Über die Jahre sind daraus geschlossene, tunnelartige, exakt geschnittene Gebilde erwachsen. Sie spenden im Sommer bei großer Hitze bestimmt angenehme Kühle und Schatten.
Danach schließen sich ein paar Gewächshäuser an, die im Frühling und Sommer ein Café und höchstwahrscheinlich im Winter die vielen Kübelpflanzen beherbergen. Das Ensemble Stadtpark — Botanischer Garten ist wirklich reizvoll. Wer also die Stadt hinter sich lassen will, findet dort überall ruhige Ecken oder Rückzugsgebiete. Große Bäume, Wildblumenwiesen oder ein Streuobstgarten mit alten Sorten — es wurde an alles gedacht. Nun muss es nur noch Sommer werden.
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