Heil­pflan­zen fürs Überleben?

Brennnessel wachsen fast immer und überall
Brenn­nes­sel wach­sen fast immer und überall

In dem Buch “Sur­vi­val-Gui­de: Für ech­te Ker­le”, dass sich natür­lich nur an “ech­te” Män­ner rich­tet, fand ich Inter­es­san­tes. Der Autor emp­fahl näm­lich eini­ge Heil­pflan­zen zum Essen, wenn denn weder Bären, Fische, Spin­nen oder Regen­wür­mer erjag­bar sind. Das habe ich mir genau­er angeschaut.

Im Kapi­tel “Über­le­ben im Wald” kam als Emp­feh­lung die Brenn­nes­sel vor. Da habe ich mich gefreut, denn die Brenn­nes­sel ist in allen Wachs­tums­pha­sen des Jah­res ess­bar. Mir fehlt aller­dings der Hin­weis, dass die jun­gen Blät­ter bes­ser schme­cken, und dass die Brenn­haa­re die­ser wehr­haf­ten Pflan­ze vorm rohen Ver­zehr doch lie­ber mit einem Stein vor­her zer­matscht wer­den soll­ten. Sonst ist das Kau­en und Schlu­cken doch unan­ge­nehm. Der Hin­weis auf die Nüss­chen der weib­li­chen Brenn­nes­seln als wert­vol­le, ölhal­ti­ge und damit nähr­rei­che Zwi­schen­mahl­zeit ist rich­tig. Nur glau­be ich nicht, dass die meis­ten “ech­ten Ker­le” bota­nisch so bewan­dert sind, dass sie wis­sen, dass die Nüss­chen nur im Herbst geern­tet wer­den kön­nen. Ich hof­fe nun instän­dig, dass die Her­ren der Schöp­fung ihre Zeit im Früh­jahr nicht damit ver­plem­pern, nach ölhal­ti­gen Brenn­nes­sel-Nüss­chen zu suchen.

Ins Grü­beln gekom­men bin ich beim Ama­rant. Er ist ein wär­me­lie­ben­der Neo­phyt, ist also aus Latein­ame­ri­ka zu uns gekom­men und hat sich in wär­me­ren Gegen­den als “Unkraut” ange­sie­delt. Ich habe ihn in den Regio­nen rund um Ber­lin noch nicht wild gese­hen, wer­de aber mal dar­auf ach­ten. Die nahr­haf­ten Samen wer­den von August bis Okto­ber ent­wi­ckelt und sind ess­bar — also wenn Sur­vi­val-Trai­ning, dann doch eher im Herbst…

Die Hin­wei­se auf den Löwen­zahn sind ein­fach unbrauch­bar: “Die möh­ren­ar­ti­ge, weis­se Wur­zel kann sehr ein­fach und in gro­ßen Men­gen geern­tet wer­den. Teil­wei­se schmeckt sie jedoch sehr bit­ter…” heisst es da. Ja, Löwen­zahn schmeckt vor allem bit­ter. Und auch wenn sie “aus­ge­laugt” wer­den muss, was immer das heis­sen soll, dar­über läßt sich der Autor nicht aus, so ist die Löwen­zahn­wur­zel kei­nes­falls mas­sen­haft kon­su­mier­bar. Schon ein Bis­sen wird dem armen Sur­vi­ver kom­plett rei­chen und doch lie­ber Regen­wür­mer suchen gehen. Sicher ist auch: Die Bit­ter­keit der Wur­zel oder der Blät­ter ver­treibt garan­tiert den Hun­ger oder Appe­tit. Das frei­wil­li­ge Fas­ten ist dann wohl eher ange­sagt, als das Ver­zeh­ren der­ar­ti­ger natür­lich vor­han­de­ner Bittermittel.

Fazit: Ich weiss nicht, ob der Autor all die Sur­vi­val-Hin­wei­se auch selbst aus­pro­biert hat? Bei den Pflan­zen-Hin­wei­sen besteht auf jeden Fall noch Nach­bes­se­rungs­be­darf für die nächs­te Auflage.

Quel­le: Vogel, Joe: Sur­vi­val-Gui­de. Für ech­te Ker­le. Pietsch Ver­lag, Stutt­gart, 2015 (3. Auflage).

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