Der Schmale Luzin gehört zu den Naturparks der Feldberger Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern und ist mein Lieblingssee. Es ist ein märchenhaft gelegener See: Sehr tief, glasklar, liegt er wie ein Edelstein inmitten von buchenbewaldeten Höhenzügen. Entlang seiner Ufer gibt es schmale Pfade, die es zu bewandern lohnt. Die Sonne oder das entsprechende Licht, je nach Jahreszeit gestaltet die besondere Landschaft immer anders. Nun im Spätsommer lädt der See noch zu einer kneippschen Erfahrung der Extraklasse ein.
Zwar hieß es, dass die Wassertemperatur noch 19 Grad habe, doch beim Eintauchen bleibt einem die Luft weg. Die Temperatur muss wohl nur oberflächlich gemessen worden sein. Die tieferen Wasserschichten bewirken augenblickliches, kräftiges Rudern, damit der Schock überwunden werden kann. Ehrlich gesagt, bin ich nur zehn Schwimmzüge in den See und dann schleunigst wieder zurückgeschwommen. Die wärmende Sonne danach auf der Haut ist eine Wohltat. Ebenso das Spüren, wie das Blut pulsierend wieder zur Hautoberfläche zurückkehrt ist — wie gesagt: Kneippen pur.
Ein Fährmann bringt Gäste von Hüben nach Drüben, wer den See nicht zu Fuss umrunden mag. Der See wird von steilen Buchenhängen umsäumt, entsprechend ist die Kraxelei von unten nach oben. Ein gut ausgebautes Wegenetz erweitert die Wandermöglichkeiten auch oberhalb des Sees. Ein kleiner Abstecher über die schon herbstlich anmutenden Wiesen lohnt sich ebenfalls. Eine Wiese, die zur nahegelegenen Schäferei am Hullerbusch gehört, birgt beim genaueren Hinsehen viele kleine, herbstlich anmutende Schätze: Früchte des Spitzwegerichs sind mit tautropfenden Federn oder Spinnennetzen verschönert, Hagebutten leuchten, das Labkraut glänzt feucht.
Die Schafe der Schäferei blicken aus sicherer Entfernung neugierig, vergrößern jedoch den Abstand, wenn ihnen Besucher zu nah auf den Pelz rücken. Die kräftige Spätsommer-Sonne trocknet schnell die Tautropfen-Kunstwerke. Über einen Hochweg führt ein Naturlehrpfad durch verschiedene Landstriche: Der Buchenwald wechselt in einen Birkenwald mit viel Totholz, Findlinge auf einer tief gelegenen Endmoränenwiese bezeugen die gewaltigen Kräfte der letzten Eiszeit. Der Wanderweg führt über bergige Wiesen, weitere Wäldchen und schließlich hinauf zu einem Plateau, der einen wunderschöner Blick über den Zansen freigibt. Bänke laden zum Verweilen und Sonnenbaden ein.
Auf dem Rückweg überraschte ich eine Blindschleiche, die ebenfalls die Sonne genießt. Sie fühlt sich gestört und schlängelt bald wie ein goldenes Band in das schützende Gras. Auffällig sind die häufig anzutreffenden Mistkäfer, die emsig den Schafsmist zu ihren Höhlen rollen. Das müssen Wintervorbereitungen sein.
In der Schäferei am Hullerbusch gibt es selbstgemachtes Eis, Brot, Käse oder schäfertypische Produkte wie Schaffelle, ‑Wolle, Strümpfe und Westen. Auch ein Haustee wird angeboten: Er besteht aus getrockneten Blüten von Garten und Wiesen: Ringelblumen, Dost, Thymian — er schmeckt angenehm mild süßlich und löscht auf angenehme Weise den Durst.
Ich nehme mir fest vor, im Oktober für ein paar weitere Tage, diese wunderschöne Endmoränen-Landschaft weiter zu erkunden.
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