Florenz ist eine uralte Stadt. Wunderschön mit ihren Renaissance-Gebäuden, zugegeben. Doch gibt es kein Grün, keine Bäume, keine öffentlichen Gärten, das fällt auf. Private Gärten verschwinden hinter großen Mauern. Die Bäume, die darüber hinausragen zeigen, dass sich dort Reiche ein grünes Refugium erschaffen haben. Das Einzige, was Erholungssuchenden bleibt ist, Eintritt zu bezahlen, um dann ein wenig Kühle und Grün zu genießen.
So ist es mir ergangen. Der Oktober bringt häufig noch angenehme 25–28 Grad. Touristen sind sämtlich sommerlich gekleidet, das Leben spielt sich weiterhin draußen ab. Nun ist der Innenstadt-Bereich von Florenz komplett versiegelt. Im Mittelalter wurden die Straßen und Gewege mit behauenen Granit-Steinen aus hygienischen Gründen bepflastert. Das moderne Florenz hat diese Versiegelung beibehalten, möglicherweise um den Charakter des Stadtbildes nicht zu stark zu verändern. Im Herbst ist das Pflastertreten kein Problem. Im Sommer hingegen, wenn die heisse Sonne die Steine erhitzt, die dann auch noch in der Nacht Wärme abstrahlen — muss das Leben in der Stadt sehr anstrengend sein. Die einzige Möglichkeit für die “echten” Florentiner ohne Zusatzkosten in Grünes zu gelangen, ist Sonntags auszugehen. Dann sind Besuche der Museen und Parks kostenlos. Das sind die Tage, an denen die Italiener ihre Stadt zurückerobern. Das ist auch der einzige kostenlose Tag, an dem sie z.B. in den Giardino di Boboli gehen können, einer groß angelegten Barock-Parkanlage.
Der Park ist großzügig auf einem Hügel angelegt. Er hat verschiedene Sichtachsen, die immer wieder einen schönen Blick auf die Stadt oder das umgebende Land ermöglichen. Beispielsweise liegt das Porzellan-Museum am Höchsten. Dort, in einem extra abgetrennten Garten, wird ein wunderschöner Ausblick auf die uralte Kulturlandschaft geboten: Mit Olivenhainen, Zypressen, Pinien und im Hintergrund sanfte, grüne Berge. Florenz hat ein feuchtes Klima. Deshalb ist die Landschaft ringsrum auch nach einem heissen Sommer nicht so verbrannt, wie in manchen anderen Mittelmeer-Regionen.
Im Park war ich ein wenig auf der Suche nach Heilpflanzen. Auf den Rasenflächen entdeckte ich Spitzwegerich. Eine Allee war umsäumt mit Zypressen und Kampferbäumen.
Abgetrennt lag ein Häuschen, dass von einem Gemüse- und Heilpflanzengarten umgeben war, doch nicht zugänglich. Von Weitem sah ich die Ringelblumen, Thymian, Salbei, Rosmarin, was mich einigermaßen beruhigte, denn sonst konnte ich dergleichen nicht entdecken. Vielleicht gehört sich dies auch nicht für einen barockenen Garten, bei dem nichts dem Zufall überlassen wird.
Barock-Liebhaber kommen sicherlich auf ihre Kosten. Überall stehen Statuen, ein Obelisk, natürlich gibt es auch den Neptun-Brunnen oder eine Grotte, “als bemerkenswertes Beispiel für den Manierismus”, wie ein Stadtführer Auskunft gibt.
Das Spazieren gehen im Garten ist nach dem Lärm und der Betriebsamkeit der Stadt angenehm. Überall stehen Bänke oder kleine, lauschige Ecken laden zum Verweilen ein. Bei der Betrachtung der doch sehr künstlichen Anlage geht mir durch den Sinn, dass ich englische Parkanlagen mit ihrem “natürlichen Charme” und den großen Bäumen à la Sanssouci bevorzuge. Auch Rom kam mir im letzten Herbst viel grüner vor (Heilpflanzen in Rom), dort zeigten öffentliche Märkte ebenfalls etwas mehr von der italienischen Lebens- und vor allem Essenskultur mit vielen Kräutern und Ölen (Campo di Fiori). Ich habe Florenz früher häufiger besucht. Mein Eindruck: Für durchschnittlich verdienende Italiener ist das Verbleiben in der Stadt unmöglich geworden. Die Kommerzialisierung hat enormen Aufschwung genommen und teure Geschäfte, Restaurants und Cafés mit sich gebracht. Eigentlich ist Florenz zu einer riesigen shopping mall mutiert. Sehr schade!
Mehr:
Officina Parfumo — Farmaceutica di Santa Maria Novella
Heilpflanzen im Botanischen Garten Potsdam