Die “Gärten der Welt” in Berlin Hellersdorf-Marzahn sind unbedingt eine Reise wert — denn nicht nur die zentralen Stadtteile Berlins haben etwas zu bieten. Marzahn mit seinen Hochhäusern und bezahlbaren Wohnungen hat längst sein schlechtes Image abgelegt. Nach der Wende wurde ein schon vorhandener Naherholungspark, der relativ klein und überschaubar war, erweitert.
Der Chinesische Garten war einer der ersten Gärten asiatischen Stils, der auf dem dortigen Gelände geschaffen wurde. Er trägt den Namen “Garten des wiedergewonnenen Mondes”. Beijing, als Partnerstadt Berlins, liess ihn von chinesischen Fachkräften gestalten und anlegen. Als Sinologin kann ich nur sagen: In diesem Areal fühlt es sich genauso an wie in den China! Reisefieber hat mich wieder gepackt. Allerdings ist dieser Garten beschaulich. Das sind die Originale in China nicht, denn dort suchen immer so viele Chinesen Erholung, dass es nie zu einer echten Erholung kommt. Im Garten des Wiedergewonnenen Mondes, dessen Namensgebung auf die Wiedervereinigung der Stadt Bezug nimmt, schon.
Ein größerer See ist Zentrum des chinesischen Gartens. Er ist mit Abstand der Größte der nachfolgend angelegten weiteren asiatischen Gärten (Japanischer und Koreanischer Garten). Ein Rundweg um den See, an dem sich viele unterschiedliche, attraktive Nischen mit Steinstühlen und ‑Tischen, lauschigen Ecken mit chinesischen Steinen und Zeichen, einem schönen Teehaus, ein kleines Restaurant oder Steinbrücken über verschiedene Seearme anschließen. Natürlich fehlen auch nicht diverse Steinpagoden oder Sitzgelegenheiten, um z.B. einen rauschenden Wasserfall zu betrachten — doch, das Ganze hat mich sehr an China erinnert. Dadurch, dass der Garten nun schon fast 20 Jahre alt ist, sind die Bäume, Büsche und Blumenstauden hoch und schön gewachsen.
Der Japanische Garten ist wesentlich kleiner gehalten. Er ist von hohen Hecken umfasst. Beim Eingang durch ein Holzhaus und dessen hölzernem Tor entsteht Ruhe — ein eindrücklich gewollter Aspekt. Denn der “Garten des zusammenfließenden Wassers” wurde vom japanischen Zen-Priester Shunmyo Masuno geschaffen. Der Garten hat drei unterschiedliche Bereiche, die durch einen Rundweg miteinander verbunden sind.
Nach dem Eintritt in den Garten schlängelt sich ein Steinplatten-Weg mit einzelnen Steinen eine kleine Anhöhe hinauf. Oben ist eine hölzerne Ruheplattform, die einlädt, den Ursprung der Wasserquelle, die von dort aus sprudelnd den gesamten Garten durchfließt, zu bewundern. Die Elemente Wasser, Steine, Holz angelegt in “natürlicher” Weise, entsprechend der Philosophie des Zen, lassen einen schnell ruhiger werden. Ein weiterer Ort der Sammlung gewährt der Chaya-Pavillion mit Zen-buddistischen Elementen. Der “steinerne” Trockenlandschaftsgarten — der jeden Tag sorgfältig geharkt wird — ist Zentrum des japanischen Gartens und ebenfalls ein Ort der Kontemplation. Ruhesuchende sollten sich möglichst morgens und in der Woche einfinden. Am Wochendende beispielsweise sind die Gärten so belebt, dass die friedliche Stimmung gerade dieses Gartens empfindlich gestört wird, und Besinnung unmöglich ist.
Jeder asiatische Garten ist anders — hat eine andere Stimmung und Anmutung. Der Südkoreanische Garten ist wiederum von einer Lehmsteinmauer umfasst. Auch hier geht es durch verschiedene hölzerne Türen und Treppen. Der Seouler Garten wurde nach dem Vorbild des “Hauses der Einsamen Freunde” gebaut, dessen Original in Südkorea ein nationales Denkmal sein soll. Eon Jeok Lee (1491–1553), ein Gelehrter, liess das Haus in Korea 1516 erbauen, nachdem er sich aus dem politischen Leben zurückgezogen hatte, um sich fortan den Lehren Konfuzius (500 Jh. vor Christus) zu widmen.
Wie bei allen asiatischen Gärten finden sich die Elemente Wasser, Erde, Holz, (Feuer) wieder. Das nachgebaute Anwesen hat einen Außenhof, einen “Hof der Feierlichkeiten”, einen Hof am Pavillion. Das Anwesen hat einen rauschenden Bach, der von einer Anhöhe hinab in einen ruhig auslaufenden Teich fließt. Ein Wäldchen, hohe Bambushaine oder große blühende Rhodedendren sorgen für eine schöne Umrahmung des Anwesens. Seltsame Holz- oder Steinfiguren begrüßen die Besucher und begleiten sie auf ihre Wegen.
Der “Orientalische Garten der vier Ströme” bietet die Möglichkeit, in eine orientalisch angehauchte Welt einzutauchen. Er liegt hinter dem “Saal der Empfänge”, einem großzügig gestalteten Raum. Dieser wird durch ein großes rundes Dachfenster in der Mitte natürlich beleuchtet. Ein wunderschöner Rundgang, mit Zederholz-Arkaden und den mosaiksteinernen Wänden führen Besucher ein in die gestalterischen islamischen Elemente. Der interational tätige Landschaftsarchitekt Kamel Louafis gestaltete den Garten mit Hilfe des Gartenhistorikers Prof. Mohammend El Fai’z aus Marrakesch. Der Garten ist von einer Mauer umsäumt, verschiedene Brunnen- und Wasseranlagen sorgen für Frische auch an heissen Tagen — irgendwie ich fühlte mich stark an die Alhambra in Granada erinnert. Nicht nur die Wasserkünste, auch die Baukünste oder die wunderschönen Beispiele der Mosaiken geben einen lebendigen Eindruck der phantastischen islamischen Kultur.
Teile der “Gärten der Welt” befinden sich gerade im Umbruch, d.h. sie werden für die IGA 2017 erweitert. Deshalb finden in diesem Jahr verschiedene Bautätigkeiten statt. Das ist jedoch nicht besonders beeinträchtigend — der Kräutergarten war beispielsweise zur Zeit nicht begehbar — denn das Gelände ist groß genug, um auszuweichen.
Auch im Umbruch: Der Balinesische Garten, der in einem Gewächshäus untergebracht ist. Tropische Gerüche, Feuchtigkeit und natürlich tropische Pflanzen geben einen kleinen Eindruck in den außergewöhnlichen Formen‑, Farbenreichtum tropischer Gewächse. Im Gewächshaus sind ein Wohnhaus und ein kleiner Tempel aufgebaut.
Der Christliche Garten hat mir ebenfalls sehr gefallen. Dieser Garten ist wiederum umfasst von einem Wandelgang, der aus in Metall gegossenen Psalmen besteht- eine wundervolle Idee! Der Garten selbst ist nicht zugänglich. Eingefasste Buchsbaum-Ariale bilden das Zentrum des streng geometrischen Gartens. Dem geometrischen angepasst, fliessen über schwarzem, glatt poliertem Marmor Wässer in den Garten. Die strenge Struktur und die moderne Anlehnung an die klösterlichen Kreuzgänge haben mich fasziniert.
Ich war ungefähr fünf Stunden in den “Gärten der Welt” — und habe noch lange nicht alles gesehen. Nun, in der Frühlingszeit blühten die Kastanienbäume, Rhodedendren und die vielen Frühjahrsblumen. Es gibt außerdem noch einen großen Staudengarten, Irrgarten und zwischen den großflächig angelegten Arealen großzügige Rasenflächen, die begehbar sind. Dort lagen Besucher auf Decken, belegten die vielen Stühle oder Liegen oder suchten sich in kleineren Wäldchen geschütztere Ecken. Das Areal ist sehr familienfreundlich. Es gibt überall auf dem Gelände großzügig angelegte Spielplätze, die mit verschiedenen Themen ausgestattet sind. Sie bieten Kindern aller Alterstufen großzügige Spiel und Tobeflächen.
Fazit: Ein lohnendes Ziel für Ausflüge über das ganze Jahr hinweg. Denn ein Besuch reicht garantiert nicht, um die vielen Ideen, liebevollen und kunstvoll angelegten Gärten, Anlagen angemessen zu würdigen. Das Frühjahr ist wunderschön, der Sommer bietet mit dem vielen Wasseranlagen, Abkühlung und Erfrischung. Und: Der Herbst soll mit seinem bunten botanischen Ausschmückungen ebenfalls wunderschön sein! Auf jeden Fall bietet die gesamte Anlage Möglichkeiten der Entspannung nach strapaziösem Pflastertreten in den anderen Stadtteilen Berlins.