Am Wochenende hatte es im Osten Deutschlands so um die 20–24 Grad in der Sonne. Der Wind war noch ziemlich kalt. Aber die Bäume, Pflanzen liessen sich davon nicht abhalten auszuschlagen. Die Entpuppung der Kastanie aus ihrer klebrigen, kleinen Hülle ist für mich jedes Frühjahr das Ereignis: Hier schützen drei “Hände” um die kostbaren Blüten.
Bei diesem Foto ist die Entfaltung noch nicht so vorangeschritten. Die wärmenden, flauschigen Blätter schützen vor Kälte und Wind. Ich war zum ersten Mal in Frankfurt an der Oder. Merkwürdig, trotzdem Europa noch nicht zuende ist, bildete der reissende Oderfluss eine stark gefühlte Grenze. Slubice ist der polnische Teil Frankfurts, der über eine Brücke erreicht werden kann. Bemerkenswert fand ich die Uferanlagen hüben und drüben: In Frankfurt eine hohe Wasserschutzmauer, alles komplett zubetoniert. In Slubice steht zwar auch eine Mauer, aber eher unscheinbar. Davor befinden sich ausgedehnte von der Oder gestaltete grüne Uferstreifen, die von der Bevölkerung ausgiebig genutzt wurden. Spaziergänger, Liebespaare und viele Angler vergnügten sich in der Sonne.
Slubice empfängt seine Besucher gleich an der Uferstraße oder in die Einfallsstraßen in die Stadt mit mindestens 50 Läden, die nur Zigaretten verkaufen. Tabak-Stangen sind für 25–35 Euro zu haben. Der Tabak-Handel bringt Geld in die Stadt. Wahrscheinlich sind auch das billigere Benzin oder Lebensmittel attraktiv für Deutsche, nur das liess sich am Wochenende nicht wirklich überprüfen. Slubice ist ein angenehmes Städtchen mit freundlichen Menschen.
Allerdings gibt es keinen Euro, der Sloti muss immer noch eingetauscht werden. Handel und Wandel sind entspannt. Der Fluss ist ebenso eine sprachliche Grenze. Die Polen reden wenig Deutsch, die Deutschen kaum Polnisch, so zumindest mein kurzer Eindruck.
Die Universität Frankfurts, die Viadrina, hat in Slubice einen Ableger. Alles ganz modern und schick. Einen Hingucker gab es noch: Die Bürger Slubices haben den weltweit tätigen Autoren der Wikipedia ein Denkmal gesetzt. Rund herum saßen Jugendliche, die diesen Treffpunkt offensichtlich besonders schätzten.
Einen besonderen Blickfang gab es am Ende des Rundgangs noch: Einen über und über blühenden Kirschstrauch — fantastisch diese Pracht. Die Bienen hatten gut zu tun. Es summte und brummte. Frankfurt ist eine sehr alte Handelsstadt. Von Reichtum und Wichtigkeit zeugt beispielsweise die Marienkirche. Die großartige gotische Backstein-Hallenkirche liegt auf dem Weg zur Uferpromenade. Ein Besuch lohnt schon alleine wegen der echten gotischen Glasfenster aus dem 14 Jahrundert. Auch die Konzerthalle Carl Philipp Emanuel Bach (ehemals ein Franziskanerkloster) liegt an der Oder. Sie ist Veranstaltungsort von Konzerten (Brandenburgisches Staatsorchester) oder anderen Veranstaltungen. Nicht zu vergessen sind die ehrwürdigen Gebäude der Viadrina: Die Universität wurde 1506 als erste brandenburgische Landesuniverität gegründet. Das konnte sich nur eine bedeutende Handelsstadt leisten, schließlich war Frankfurt ein wichtiger Handelsumschlagsplatz auf dem Weg nach Polen und Russland. Und: Benediktiner und Fransiskaner missionierten um die Wette — denn es galt Seelen und Fründe zu erobern.
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