Cannabis (Cannabis sativa) oder Hanf ist vielen nur als Haschisch oder Marihuana bekannt. Nach wie vor ist die Rechtslage bezüglich des Handelns oder Besitzens von Hanf zu Rauschzwecken klar: Es ist weiterhin verboten und strafbar. Damit nun das erste cannabishaltige Fertigarzneimittel überhaupt in Deutschland durch Apotheker vertrieben werden kann, wurde im März 2011 eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes durch das Bundeskabinett beschlossen. Die Änderungen sind nachzulesen in der 25. Bundesbetäubungsmitteländerungsverordnung. Ab dem 01.07.2011 gibt es ein Cannabis-haltiges Fertigarzneimittel für Patienten mit Multipler-Sklerose (MS) auf dem Markt. Die MS-Patienten werden froh über darüber sein, denn ab sofort haben sie ein hochwirksames Mittel zur Schmerzbekämpfung zur Verfügung.
Das Medikament SATIVEX ist ein Antispastikum. Es enthält die therapeutisch wirksamen Cannabinoide Tetrahydrocannabinol und Cannabidion. Das Medikament ist zugelassen als Zusatzbehandlung der mittelschweren bis schweren Spastik von Multiple-Sklerose-Patienten.
PRO: Schon lange setzten sich Patienten verschiedener Erkrankungen für die Legalisierung von Cannabis zu Heilzwecken ein. Amerikanische Wissenschaftler hatten 1999 eine umfangreiche Arbeit zusammen gestellt, in der die medizinischen Nutzen von Hanf deutlich wurden. Die Autoren sahen es damals als möglicherweise sinnvoll an, den Nutzen von Cannabinoiden weiter zu untersuchen:
- in der Schmerzbehandlung,
- bei chemotherapieinduzierter Übelkeit,
- bei Mangelernährung,
- der Auszehrung bei Aids und Krebs
- zur Verringerung von Muskel-Dauerverkrampfungen („Spastik“).
Immerhin ist nach über zehn Jahren Letzteres umgesetzt — vielleicht folgen noch weitere Medikamente für andere Indikationen?
Wünschenswert wäre dies. Denn Cannabis ist auch eins: Eine uralte Heilpflanze. Sie wurde jedoch wegen des Drogenmissbrauchs durch Cannabis-Raucher in den 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts weltweit “verteufelt”. Letztlich kam es zu einem Verbot, dass auch weiterhin aufrecht erhalten wird (Ausführlicher Bericht).
KONTRA: Das “arzneimittel-telegramm” hat in seiner Ausgabe 7/11 (42.Jahrgang, 8.Juli2011) das Medikament kritisch besprochen:
Die Autoren wissen zu berichten, dass 12 Prozent der Patienten die Behandlung wegen unerwünschter Nebenwirkungen abbrechen. So kann es beispielsweise zu psychischen Nebenwirkungen wie Benommenheit, Desorientiertheit, Aufmerksamkeits- oder Gleichgewichtsstörungen kommen. Halluzinationen sollen bei 11 Prozent der Patienten auftreten, Selbstmordgedanken bei 3 Prozent. In die Krititk gerät das Medikament ebenfalls wegen der Erhöhung der monatlichen Behandlungskosten auf das 32-fache.
Die Autoren resümieren, dass das Medikament wegen der hohen Kosten und der psychischen Störungen nicht empfohlen werden kann. Sie verweisen darauf, dass der Nutzen des Medikaments auf jene Patienten beschränkt ist, “die gleich zu Beginn der Behandlung “ansprechen”. Das trifft weniger als die Hälfe der Behandelten”.
FAZIT: Trotz der vernichtenden Kritik der Fachautoren: Den Patienten bleibt letztlich die Entscheidung überlassen, ob sie sich für das Medikament entscheiden oder nicht. Möglicherweise wird der starke Leidensdruck viele veranlassen, es zunächst zu versuchen.