Die riesige, innerstädtische Freifläche des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof ist einen Besuch wert. Auf den beiden Start- und Landeflächen des stillgelegten Flughafens gibt es Freizeitvergnügen der Extraklasse: Fahrradfahrer, Jogger, Skater, Drachenflieger, Surfer nutzen das Gelände mit viel Spaß. Genügend Platz ist für alle da. Und: Zwischen den Start- und Landebahnen liegen ausgedehnte Trockenwiesen, die von der Natur in Beschlag genommen werden.
Vom April zum Juli ist dieses Gebiet abgetrennt und als Brutfläche für die Feldlerche der Öffentlichkeit unzugänglich. Weil die Flächen seit Jahrzehnten nicht gedüngt wurden und wegen des Flugverkehrs baumfrei gehalten wurden, haben sich seltene Gräser, Wild- und auch Heilpflanzen angesiedelt. Diese ziehen wiederum seltene Insektenarten und Mäuse an. Dass es massenhaft Mäuse gibt, haben mittlerweile Turmfalken und Füchse herausbekommen. Sie nutzen das Gelände als Speisekammer.
Im Mai steigen zahlreiche Feldlerchen in den Himmel empor und erfüllen die Luft mit ihrem Gesang. Völlig unbeeindruckt gehen die meisten ihren eigenen sportlichen Vergnügen nach — oder genießen es, mitten in der Metropole soviel Natur geboten zu bekommen. Wer sich an die abgezäunten Ränder des Feldlerchen-Brutgebiets begibt, findet Heilpflanzen: Spitzwegerich, Hirtentäschel, Löwenzahn oder seltene Trockenrasenpflanzen wie die Sandstrohblume, Gras- oder Heidenelke. Doch wer glaubt, die gefundenen Heilpflanzen auch verwenden zu dürfen, irrt gewaltig. Der Boden ist stark verseucht durch den jahrzehntelangen Flugverkehr. Niemand sollte also die Heilpflanzen im Salat essen, trocknen oder als Tee zubereiten. Sie sind das Gegenteil von heilsam — auch wenn die Natur ringsum so eindrucksvoll ihren Raum eingenommen hat!
Der Flughafen Berlin Tempelhof hat eine ungewöhnliche und wechselvolle Geschichte (Wikipedia-Eintrag). Für die Deutschen hatte der Flughafen Berlin Tempelhof 1948 während der Berlin-Blockade eine besondere Bedeutung: Die legendären “Rosinenbomber” versorgten nach dem II. Weltkrieg die Westsektoren mit Lebensmitteln und Gütern aller Art, um die Verpflegung von der Berliner-Bevölkerung (die in den Westsektoren lebten) zu gewährleisten. Nach langen Debatten und Querelen endete der Flughafenbetrieb 2008. Die neuen Pläne zur Verwendung des Gebiets sind umstritten — wahrscheinlich ist auch noch lange nicht das letzte Wort gesprochen.