Baumwolle (Gossypium) ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Baumwolle ist aus der modernen Welt nicht wegzudenken. Seine Material-Besonderheiten machen Baumwolle zu einem weltweit begehrten Rohstoff.
Die Pflanze, die eindeutig warme Regionen braucht, um ihre Fruchtkapseln zu entwickeln, wuchs ursprünglich in Asien, Afrika und Amerika. Über Indien kam das Wissen von der Pflanze, ihres Anbaus und ihrer Verarbeitung ins Zweistromland (2000 vor Christus). Und von dort aus kam die Kunde von Baumwolle nach Ägypten und Griechenland. Im 14. Jahrhundert handelten venezianische Händler mit dem begehrten Rohmaterial. Augsburg wurde ab dieser Zeit eine der führenden Leinenweberstädte Europas. Baumwolle war und ist wegen seiner guten Eigenschaften ein bis heute begehrter Stoff. Er kann ausgesprochen strapazierfähig sein, nimmt die Körperflüssigkeiten gut auf und kann immer wieder gewaschen werden. In den Tropen, wärmeren Ländern ist es der Stoff, der am meisten getragen wird.
In der Medizin ist Baumwolle nicht wegzudenken, viele Verbandsmaterialien bestehen daraus. Mullbinden verschiedenster Größen, eng oder weit gewebt werden zur Versorgung von Wunden, Kompressen, Gaze oder als elastische Binden werden aus Baumwolle hergestellt.
Baumwollanbau und ‑Verarbeitung war und ist auch heute noch mit harter Arbeit verbunden. Anbau und Ernte in der Hitze waren eine Herausforderung. Die weiteren Verarbeitungsschritte, entfernen der Baumwollfasern aus der Fruchtkapsel bis hin zum Weben waren bis ins 19. Jahrhundert Handarbeit. Mit der Industriealisierung wurde das Weben von Maschinen übernommen. Baumwolle wurde zu einem Massenprodukt. Der Anbau und die Ernte blieben weiterhin arbeitsintensiv und mussten von Menschenhand erledigt werden. Um den rasant ansteigenden Bedarf an Baumwolle decken zu können, wurden neue Anbaugebiete erschlossen. Die weissen Amerikaner, die im Süden große Flächen Landes gekauft hatten, kauften auch Sklaven aus Afrika. Denn — so war die Rechnung der Weissen — die konnten die Hitze ertragen und dabei auch noch arbeiten. Die Sklaven wurden aus ihrer Heimat gewaltsam verschleppt und verskavt. Die Geschichte “Onkel Toms Hütte” von Harriet Beecher Stowe erzählt sozialkritisch vom Leid und Elend der Geknechteten und Rechtlosen.
Auch heute bekleckern sich Baumwollproduzenten, die meist zu großen internationalen Konzernen gehören, nicht gerade mit Ruhm. Die Baumwollproduktion der Moderne setzt zwar wenig nur Menschen ein, doch dafür massenweise Pestizide, um die riesig angelegten Monokulturen von Schädlingen frei zu halten. Die Baumwoll-Produktion und Verarbeitung findet heute weitgehend in den sogenannten Dritteweltländern statt. Und dort werden die Ressourcen der Menschen vernichtet. Baumwolle benötigt beispielsweise zum Wachsen viel Wasser, bei dem massenweisen Anbau von Baumwolle sinken die Wassergrundspiegel. Auch die Baumwoll-weiterverarbeitende Industrie geht nicht zimperlich mit der Umwelt um: Sie entlässt ihre Färbe-Chemikalien ungeklärt in die Gewässer, die sich entsprechend der Färbungen Rot, Blau oder Gelb färben. Die Ökosysteme rund um die Gewässer sind vernichtet und auf Jahrzehnte verseucht. Dass die Baumwolle leider immer noch ein Billigprodukt ist, verschärft die Situation in den Entwicklungsländern weiter. Die Modeindustrie ist ebenso ein gigantischer Verbraucher: Jedes Jahr werden vier Kollektionen entworfen, die oft Baumwolle enthalten. T‑Shirts, Sweatshirts, Jeans — alles massenweise Produkte die auch noch zu Schleuderpreisen auf den Markt gebracht werden. Die Billigkeit dieser Waren steht in keinem Verhältnis zu den Produktionskosten — oder zu der Wertschätzung der menschlichen Arbeit, die hinter diesen Produkten steht. So werden z.B. die ganzen billigen Modeartikel von Frauen genäht, die für Hungerlöhne arbeiten in Ländern wie Bangladesch, Vietnam, Indien. Nur ein schnelles Umdenken der Konsumentinnen und Konsumenten könnte einer weiteren Verwüstung und Ausbeutung Einhalt gebieten. Und: Wir Konsumenten sind auch für die Verwüstung der Erde mitverantwortlich — wir brauchen uns also auch nicht wundern, wenn Menschen nach Europa strömen. Sie kommen auch deshalb weil ihre Länder vernichtet und verwüstet wurden, durch die gewaltige Ressourcen-Verschwendung, die auch wir zum Teil mit zu verantworten haben.
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